(ots) - Der Frontalzusammenstoß wurde fürs Erste
verhindert: Sowohl Kataloniens Regierungschef Carles Puigdemont als
auch Spaniens Ministerpräsident Mariano Rajoy haben bei ihren Reden
verbal abgebremst, optimistisch ausgelegt deeskaliert. Mit der nicht
terminierten befristeten Aussetzung der Unabhängigkeitserklärung
durch Puigdemont und der von Rajoy auf den Weg gebrachten formellen
Anfrage, was denn Katalonien nun eigentlich beschlossen habe, wird
theoretisch ein Zeitfenster für einen Dialog eröffnet. Es ist
allerdings nicht zu erwarten, dass dieses praktisch ohne externen
Druck auf Madrid genutzt wird. Während Katalonien nur der Dialog
bleibt, kann Madrid weiter auf seiner formaljuristischen Position
beharren und auf Zwangsmaßnahmen wie die Aussetzung der Autonomie bis
hin zum Militäreinsatz setzen. Doch wenn Madrid dazu greifen sollte,
wird es den Zerfall Spaniens verzögern können, aber gewiss nicht
stoppen. Schon jetzt ist die junge Bevölkerung in Katalonien
überdurchschnittlich für die Unabhängigkeit, sie lässt sich mit Zwang
sicher nicht zurückgewinnen, sondern bestenfalls mit Teilhabe und
Autonomie. Im Katalonien-Konflikt gibt es eine kurze Atempause, die
alle Seiten zur Besinnung und Madrid zur Bereitschaftserklärung zum
Dialog nutzen muss. Sollten Brüssel und Berlin auch hinter den
Kulissen einer innerspanischen Angelegenheit das Wort reden, begehen
sie einen strategischen Fehler. Dann ist der Frontalzusammenstoß
unvermeidlich.
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