(ots) - "Wenn eine Krise schon Jahrzehnte andauert, dann
nehmen schleichend, aber unaufhaltsam Gefühle zu: Da stimmt etwas
nicht, da läuft etwas aus dem Ruder." Der Wiener Ökonom Stephan
Schulmeister beschreibt im Interview mit der in Berlin erscheinenden
überregionalen Tageszeitung "neues deutschland" (Wochenendausgabe),
warum in Österreich nicht nur die Volkspartei nach rechts abdriftet.
"Die Zerrissenheit der Traditionsparteien zwischen ihren
weltanschaulichen Wurzeln und dem neoliberalen Zeitgeist beschädigt
diese Parteien seit mindestens 25 Jahren." Anstatt die Menschen
aufzuklären, werde "eine Politik der Gefühle betrieben", die die
Verunsicherung und Verbitterung vieler Menschen gegen Flüchtlinge,
Migranten und Nutznießer des Sozialsystems richtet. Denn Europa
stecke in einer "Strangulierungskrise", in die der Kontinent seit 40
Jahren langsam hineinschlittert. Die Menschen würden merken, sagt
Schulmeister, der an der Universität Wien und der
Wirtschaftsuniversität Wien unterrichtet und schon für den IWF
gearbeitet hat, "die nächste Generation hat's schlechter." Dieser
Prozess werde von den europäischen Institutionen mit den
Maastricht-Kriterien unter dem Motto »Markt gut, Sozialstaat
schlecht« befördert. Dabei komme heraus, dass die Europäische Union
schrittweise genau das zerstört, was sie hätte einen können. "Das
Gemeinsame in Europa ist die Sozialstaatlichkeit. Das war einst die
Innovation Europas im Vergleich zu allen anderen Regionen in der
Welt. Und das wird durch neoliberale Ideologie beschädigt und in
Südeuropa zerstört."
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