(ots) - Kanzler Christian Kern hat den weiteren Absturz
der SPÖ zwar vermieden. Sein Amt dürfte Österreichs Regierungschef
nach einem schmutzigen Wahlkampf aber los sein. Der Rückstand auf die
umgekrempelte ÖVP des jungen Sebastian Kurz ist zu erheblich. Doch
Ãœberflieger Kurz muss die Koalition erst noch schmieden, die den
31-Jährigen auch wirklich zum Kanzler macht - denn rechnerisch
könnten sich die beiden Konkurrenten auf den Plätzen zwei und drei
verbünden. Es bleibt also auch nach dem Wahlabend spannend in
Österreich. FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache kann sich bei dieser
Konstellation aussuchen, welchem der beiden zerstrittenen
Großkoalitionäre er die Regierungsmacht zukommen lässt. Für
Deutschland heißt das aber schon einmal, dass im Nachbarland
demnächst wohl eine rigidere Flüchtlingspolitik gemacht werden wird.
Der 48-jährige Strache, der als junger Mann am äußersten rechten Rand
unterwegs war, und Kurz hatten sich im Wahlkampf einen
Ãœberbietungswettbewerb in der Ablehnung der deutschen
Flüchtlingspolitik geliefert. CSU-Vertreter äußerten gestern Abend
schon ihre Freude. Klar ist angesichts der Routen aus dem Süden und
Osten: Wen Österreich nicht durchlässt, der kommt in Bayern kaum an.
Gestern Abend war oft von einem »Rechtsruck« zu hören und zu lesen.
Allerdings gehört die FPÖ in Österreich schon lange dazu. Auch
ähnliche Ergebnisse hatte man schon gesehen. Es sind ihre Thesen, die
sich weiter ausgebreitet haben. Und das geschah wohl eher
kontinuierlich schleichend als ruckartig. Was soll Europa mit diesem
Ergebnis anfangen? Kurz und Strache stehen gewiss nicht für »Mehr
Europa«. Es sind eher die nationalbewussten österreichischen Nachbarn
Ungarn, Slowakei und Tschechien - und auch Polen -, an denen man sich
orientiert. Die Tendenz geht also zu noch mehr Richtungsstreit in
Brüssel. Erstaunlich ist, wie viel die Österreicher Sebastian Kurz
zutrauen. Er wird nun zeigen müssen, was er zu leisten vermag.
Gewandtes Auftreten öffnet ihm Türen. Die Verhandlungen dahinter muss
er aber zum Abschluss bringen. Erst über die Koalition, dann über die
Reformen, die er versprochen hat.
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