(ots) - Es gibt so viele politische Gefangene in der
Türkei, so viele tägliche Verhaftungen, dass man längst den Überblick
verloren hat - und abzustumpfen droht. Ein Jahr ist bereits
vergangen, seit die beiden Vorsitzenden der linken HDP, Figen
Yüksekdag und Selahattin Demirtas, verhaftet wurden. Seitdem sitzen
sie im Gefängnis. Die Aufhebung ihrer Immunität als Abgeordnete war -
auch daran sollte an diesem traurigen Jahrestag erinnert werden -
möglich mit Stimmen aus der CHP-Fraktion. Am 7. Dezember soll der
Prozess gegen Demirtas beginnen, ihm und Yüksekdag drohen absurd hohe
Haftstrafen wegen Terrorunterstützung. Ihr wahres Vergehen ist indes,
dass sie maßgeblich an etwas mitwirkten, das es nie zuvor in der
Geschichte der türkischen Republik gab - eine nicht nur auf die
kurdische Frage beschränkte, aber doch prokurdische, geeinte
Linkspartei, die es vermochte, zivilgesellschaftliche Kräfte
zusammenzubringen: Feministinnen ebenso wie Gezi-Aktivisten und
altgediente Linke. Das ist der historische Verdienst der ja noch
jungen HDP; und das gab 2014/2015 Millionen Menschen die Hoffnung,
dass Veränderung möglich sei. Dass die Partei es zweimal schaffte,
die Zehn-Prozenthürde bei Wahlen souverän zu nehmen, belegt dies. Für
Erdogan aber war und ist die HDP ein unerträglicher Affront. Dafür,
und nur dafür müssen Demirtas und Yüksekdag seit einem Jahr büßen.
Sie sind zwei von vielen, für Erdogan aber sind sie die Kronjuwelen
seiner Gefangenensammlung.
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