(ots) - Mitte Juli ging im Moskauer Bezirksgericht ein
spektakulärer Prozess zu Ende. Der ehemalige Direktor des
Sacharow-Museums Juri Samodurow und Andrej Jerofejew, Ex-Kurator der
Tretkajow-Galerie, wurden zu Geldstrafen von umgerechnet 5100 und
3800 Euro verurteilt. Ihr Vergehen: Gotteslästerung. Die Kuratoren
hatten 2007 die Ausstellung "Verbotene Kunst" organisiert. Zahlreiche
Werke der Gegenwartskunst, die in den vorigen Jahren Opfer der Zensur
geworden waren, wurden hier ausgestellt. Werke wie ein
Madonnenbildnis aus schwarzem Kaviar von Alexander Kosolapow oder
eine Jesusfigur mit Mickeymaus-Kopf von Alexander Sawko. Orthodoxe
Christen fühlten sich angegriffen und brachten den Fall vor Gericht,
zu dem über 600 namhafte Künstler und Intellektuelle im Vorfeld gegen
den Prozess protestiert haben. Noch am letzten Verhandlungstag kam es
zu hitzigen Kundgebungen beider Lager vor dem Gerichtsgebäude.
Selbst Kulturminister Alexander Awdejew mischte sich ein und
erklärte: "Die gesellschaftliche Bewertung der Ausstellung muss
moralisch-ästhetisch sein, und nicht gerichtlich. Meiner Meinung nach
haben Samodurow und Jerofejew die rote Linie des Gesetztes nicht
überschritten, hier kann man das Strafgesetzbuch nicht einsetzten."
Im Interview mit dem Kunstmagazin art erklärt Viktor Misiano,
Kurator und einer der führenden Kunstexperten Russlands, dass dieser
Skandal so vorhersehbar, wenn nicht gar geplant war. In dem Prozess
stießen zwei Sorten von Radikalen aufeinander: liberale Denker, die
auf völlige Meinungsfreiheit bestehen und orthodoxe Gläubige. Laut
Misiano ist die Religion in der Sowjetunion nach langer
Unterdrückung wieder zu einem Identifikationspunkt geworden - "Diese
Ausstellung war politisch gemeint, sie wollte mit sensiblen Themen
der russischen Gesellschaft provozieren." Was die Entwicklungen für
Folgen für Gesellschaft und Freiheit der Kunst mit sich tragen, so
äußert sich Misiano gegenüber art: "Ich glaube, dieser Prozess war
sehr produktiv, denn hier manifestiert sich Zivilgesellschaft, obwohl
er so in einem westeuropäischen Land sicher nie passiert wäre."
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