(ots) - 23. September 2010 - Misshandelte Kinder,
vergewaltigte Frauen, von grässlichen Erinnerungen gepeinigte
Soldaten, Opfer schwerer Unfälle: Um ihnen zu helfen, versuchen
Hirnspezialisten Arzneien zu entwickeln, die schlimme Erlebnisse aus
dem Gedächtnis löschen. Das berichtet die Zeitschrift WUNDERWELT
WISSEN in der aktuellen Ausgabe (10/2010 ab morgen im Handel).
Generationen von Hirnforschern glaubten, dass sich einmal ins
Gehirn eingeprägte Langzeiterinnerungen nicht mehr verändern. Sie
seien in die Neuronenstruktur wie in Stein gemeißelt. Doch seit
einigen Jahren bröckelt das alte Paradigma, und ein neues Bild
unseres Gedächtnisses entsteht. Forscher wissen heute, dass
Erinnerungen sich im Laufe der Zeit wandeln. Und nicht nur das: Dank
neuer Wirkstoffe lassen sie sich gezielt formen - und, falls
gewünscht, auf Knopfdruck sogar ausradieren wie mit der Löschtaste
des Computers.
So wurden etwa klinische Studien durchgeführt, in denen es darum
ging, quälende Erinnerungen von Patienten zu entschärfen. Behilflich
ist dabei Propranolol, ein Medikament, das vor allem bei
Bluthochdruck und Herzkreislaufkrankheiten eingesetzt wird, da es die
Rezeptoren von Adrenalin und Noradrenalin blockiert.
Doch nicht jedermann ist von der Kunst der Hirnforscher
begeistert. Kritiker hinterfragen, ob die pharmakologische Hirnwäsche
nicht an den Grundfesten unseres Menschenbildes rüttelt. Leon Kass,
ehemals Bioethikberater des US-Präsidenten George Bush, der heute an
der University of Chicago lehrt, warnt vor Missbrauch. Für Kass gibt
es eine "Pflicht zum Erinnern" - nur wer Schreckliches emotional
erlebt, so seine Argumentation, entwickle Mitgefühl.
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