Aigners Initiativen im Kreuzfeuer der Kritik. BLL: Verstoß gegen rechtsstaatliche Grundsätze
(firmenpresse) - Berlin/Bonn, 22. Oktober 2010 - Bundesernährungsministerin Ilse Aigner (CSU) hat
vergangenen Mittwoch in Berlin neue Initiativen für den Lebensmittelbereich vorgestellt.
„Bessere Kennzeichnung , mehr Transparenz und ein entschlossenes Vorgehen gegen
Etikettenschwindel, dafür setze ich mich ein“, sagte Aigner. Zu den Neuerungen zählt ein
optimiertes „1 plus 4“-Modell mit optisch hervorgehobenen Nährwertangaben und ein
Internet-Portal, auf dem Verbraucher ab 2011 Täuschungen und Irreführungen benennen
und in Online-Foren mit Experten diskutieren können.Â
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Das Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (BMELV)
hat das bestehende „1 plus 4“ – Modell für die wichtigsten Nährwertangaben auf
Lebensmittelpackungen (Gesamtkalorien plus Zucker, Fett, gesättigte Fettsäuren und
Salz) weiterentwickelt. Die Informationen über den Energiegehalt und die wichtigsten
Nährstoffe sind optisch hervorgehoben und damit schon auf den ersten Blick erkennbar.
Sofern erweiterte Nährwertinformationen auch bei unverpackten Lebensmitteln
angegeben werden sollen, könne, so der neueLeitfaden für die deutsche
Lebensmittelwirtschaft, eine Bereitstellung der Informationen auf Schildern, Aushängen
oder ähnlichen Aufzeichnungen erfolgen. Viele Lebensmittelhändler sind hier schon ein
Schritt weiter. Sie präsentieren an den Frischetheken Nährwertangaben auf den Displays
moderner PC-Waagen, beispielsweise vom Balinger Hersteller Bizerba. Â
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Soweit zum harmlosen Teil der Initiativen Aigners. Heftig umstritten hingegen ist derzeit
das geplante Internet-Portal zur „Klarheit und Wahrheit“ bei Lebensmitteln, das die
Verbraucherzentralen ab Frühjahr 2011 betreiben werden. Bürgerinnen und Bürger sollen
dort die Möglichkeit erhalten, bei verpackten Lebensmitteln Täuschungen und
Irreführungen zu benennen und in Online-Foren mit Experten zu diskutieren. „Das neue
Portal“, so Aigner, „ist ein Beitrag zu mehr Transparenz auf dem Markt und eröffnet einen
neuartigen Dialog zwischen Verbrauchern und Wirtschaft. Eine längst überfällige Debatte
zwischen Verbrauchern und Wirtschaft solle in Gang gesetzt werden.
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Doch das gefällt längst nicht allen Beteiligten. Viele Unternehmen fürchten, durch das
Portal an den Pranger gestellt werden zu können und bereiten schon jetzt juristische
Gegenmaßnahmen vor. Auch der Bund für Lebensmittelrecht und Lebensmittelkunde
(BLL) wendet sich gegen das geplante Internetportal. BLL-Hauptgeschäftsführer Matthias
Horst wirbt um Verständnis für die ablehnende Haltung der Lebensmittelwirtschaft in
diesem Punkt: „Die Ernährungsbranche ist zur Diskussion bereit, gerade auch, wenn es
um das Verständnis von Kennzeichnung und Aufmachung geht. Sie kann aber nicht
akzeptieren, dass ihre Marken und ihr Ansehen öffentlich vorgeführt und im Zuge der
unbeherrschbaren Dynamik des Internets beschädigt werden.“ Aus Sicht des BLL handle
es sich um einen Verstoß gegen rechtsstaatliche Grundsätze.
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Wolfgang Mulke von der WAZ hält Aigners Idee in einem Kommentar einerseits für einfach
und gut. Allerdings erfolge der Widerstand der Unternehmen nicht ganz zu Unrecht, habe
es die Regierung doch bislang versäumt, irreführende Kennzeichnung und Aufmachung
durch schärfere Vorgaben zu unterbinden. Das müsse Aigner schleunigst nachholen,
wenn ihre Kritik an der Branche ernst gemeint sei.
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