(ots) - Eine bahninterne Studie setzt sich äußerst
kritisch mit dem Großprojekt Stuttgart 21 auseinander - und listet
121 Risiken auf, 48 davon mit Kosten. Das berichtet das Hamburger
Magazin stern in seiner neuen, am Donnerstag erscheinenden Ausgabe.
Das Papier mit Namen "Chancen und Risiken" liegt dem Magazin vor. Es
ist die erste umfassende Analyse des Bahnprojekts nach den
Schlichtungsgesprächen vom vergangenen November. Das Dossier umfasst
130 Seiten und wurde für den Vorstand von DB Projektbau
zusammengestellt. Sehr häufig, so der stern, ist in der Studie von
"Risiko", "Kostenrisiko", oder gar "signifikantem Kostenrisiko" die
Rede. Häufig taucht der Satz auf: "Risiko, dass das angesetzte
Einsparpotenzial nicht realisiert werden kann."
Das Dossier bestätigt viele der von Stuttgart-21-Kritikern
vorgebrachte Bedenken. Etwa, dass der Baugrund tückisch ist, dass
anders als in den Modellen berechnet, es mehr Grundwasser gibt, dass
die geplante Station Terminal am Flughafen nicht "ausreichend
leistungsfähig" ist, dass für den Bau viele Grundstücke noch fehlen.
Es zeigt auch, so der stern, dass die Baufirma Wolff & Müller die
"technische Machbarkeit" infrage stellt, nach der das alte
Bahnhofsgebäude, der Bonatzbau, während der Bauarbeiten wie geplant
abgestützt werden könne.
Auch steht in der Studie, dass sich für den Tunnel bei Cannstatt
trotz Ausschreibung keine Firma fand, die ihn bohren will. Die
Bohrarbeiten, sagte ein Vertrauter des Projektleiters Hany Azer dem
Magazin, seien in dem schlüpfrig-löchrigen Untergrund
hochkompliziert, man müsse unter dem Fabrikgelände von Daimler
arbeiten. Immer könne Unvorhergesehnes passieren, und keiner möchte
riskieren, dass die Autoproduktion still steht.
Sicher sind sich die Planer, dass der geplante Inbetriebnahme des
Verkehrsknoten S 21 zum Fahrplanwechsel nicht zu realisieren ist.
Wohl auch deswegen, weil den Planern das Know-how fehlt. Auf Seite
115 des Dossiers heißt es: "Verzögerte Anpassung des Personalbestands
an den Projektfortschritt in Folge fehlender Verfügbarkeit
qualifizierter Mitarbeiter."
48 Risiken beziffern die bahn-internen Risikomanager mit konkreten
Beträgen. Falls diese Risiken eintreten, könnten für S 21 zusätzliche
Kosten in Höhe von 1,264 Milliarden Euro entstehen. Die Kosten für
das Bahnprojekt in Stuttgart würden in dem Fall auf 5,3 Milliarden
Euro steigen - weit über die von Bahn und Politik verordnete Grenze
von 4,5 Milliarden Euro. Bahnchef Grube, vom stern mit der Analyse
seiner Experten konfrontiert ließ über einen Sprecher mitteilen: "Wir
werden unsere Schmerzgrenze von rund 4,5 Milliarden Euro nicht
überschreiten". Also seien "Spekulationen über Kostensteigerungen
schlichtweg haltlos". Es sei "ein Beleg professioneller Arbeit, alle
erdenklichen Risiken in Betracht zu ziehen und zu bewerten, um
anschließend gegenzusteuern".
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stern-Autor
Arno Luik
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