(ots) - In Säuglingsheimen von Caritas und Diakonie wurden
zwischen 1949 und 1975 tausende Babies durch Anbinden und Schläge
misshandelt. Das berichtet das ARD-Politikmagazin "Report Mainz" am
heutigen Montag, 11.4.2011 um 21.45 Uhr im Ersten. Katholische Nonnen
und Diakonissen vernachlässigten die Kinder, weil die Heime häufig
überbelegt waren. Oft musste eine einzige, nicht ausgebildete
Helferin alleine zehn Säuglinge versorgen.
Der Sozialpädagoge Prof. Manfred Kappeler erklärt in "Report
Mainz": "Bekannt ist, dass Kinder die unruhig waren, festgebunden
wurden. Die Hände, die Arme, die Beine wurden an die Gitterstäbe der
Betten angebunden und es wurden unruhige Kinder auch mit Medikamenten
ruhig gestellt, mit sedierenden Medikamenten, völlig ohne
Problembewusstsein. Hauptsache sie waren ruhig." Laut Prof. Kappeler
sei dies generelle Praxis in den Einrichtungen gewesen. Prof.
Kappeler, der als Sachverständiger den Petitionsausschuss des
Deutschen Bundestags zum Thema Heimerziehung beraten hat, schätzt,
dass in den Säuglingsheimen der Bundesrepublik 260.000 Kinder im
Alter von 0 bis 3 Jahren untergebracht waren. 1967 existierten 333
Säuglingsheime in der Bundesrepublik Deutschland. Die Kirchen, die
zumeist Träger der Einrichtungen waren, betonen, sie hätten sich
bereits mit dem Thema "Heimerziehung" beschäftigt. Säuglingsheime
seien, so die EKD, ein "spezieller Aspekt", zu dem keine "separate
Stellungnahme" abgegeben werde.
Mehrere wissenschaftliche Untersuchungen, die "Report Mainz"
vorliegen, belegen, dass Kinder die länger als sechs Monate in den
Heimen untergebracht waren, häufig in ihrer sprachlichen, sozialen
und motorischen Entwicklung zurückblieben. Viele wurden aufgrund der
fehlenden Zuwendung im Heim hospitalisiert, stumpften ab und wiesen
Stereotypien auf. Wissenschaftliche Filmaufnahmen aus den 60er
Jahren, die "Report Mainz" ausstrahlt, zeigen Kinder in
Säuglingsheimen, die apathisch wirken und permanent mit den Köpfen
wippen. Fotos aus deutschen Säuglingsheimen der 50er und 60er Jahre,
die "Report Mainz" vorliegen, zeigen festgebundene Kinder, sowie
Babies unter einer Höhensonne. Die Kinder wurden zum Beispiel im
Säuglingsheim Schorndorf bei Stuttgart mit UV-Licht bestrahlt, weil
sie aus Zeitgründen fast nie nach draußen kamen.
Marianne Döring, die in den 60er Jahren als Mitarbeiterin in drei
Säuglingsheimen Babies versorgt hatte, führt im Interview aus: "Das
war so schlimm, da hab ich erlebt, wie diese Kinder zum Beispiel auf
die Töpfe gesetzt wurden, festgebunden wurden und sie saßen da
teilweise eine Stunde. Und dann wurde immer in großen Abständen
geschaut, ob da was im Topf war. Und wenn nichts drin war, wurden die
Kinder richtig beschimpft und die Kolleginnen, die da neben mir
arbeiteten, die schlugen den Kindern dann auch mit einem nassen
Waschlappen oder mit einer Windel oder mit irgendwas, was da gerade
in der Nähe lag, einfach ins Gesicht."
Zitate gegen Quellenangabe frei.
Bei Fragen wenden Sie sich bitte an "Report Mainz", Tel.:
06131/929-3351.