(ots) - Der Reliquienkult, den das frühe Christentum von
heidnischen Religionen übernahm, ist ein besonders bizarres Kapitel
der Kirchengeschichte. Er ging einher mit dem Kult um die Heiligen.
Diese waren die wichtigsten Lieferanten von Reliquien, namentlich
solchen »erster Klasse«: Körperteile aller Art vom Kopf bis zum
Zehennagel, vom Skelett bis zum Gehörknöchelchen. Da mit den teuren
Teilen (von den Fälschungen einmal abgesehen) ein schwunghafter
Handel betrieben wurde, teilte man sie häufig so oft, bis nur noch
Partikel oder Pulver blieben. Da mit der Organentnahme bis zum
Eintritt des Todes gewartet werden musste, versammelten sich nicht
selten Scharen von Reliquienjägern mit gezückten Messern am
Sterbebett des potenziellen Heiligen. Heute geht es in dieser Sache
natürlich weitaus zivilisierter zu. So wurde Papst Johannes
Paul II. kurz vor seinem Ableben durch medizinisches Personal
eine Ampulle Blut entnommen. Diese Ampulle soll bei seiner
Seligsprechung am Sonntag in einem »wertvollen Reliquienschrein« den
in Rom versammelten Gläubigen zur Verehrung gezeigt werden, wie der
Vatikan mitteilte. Eine Lieblingsfloskel von Wojtylas Seligsprecher
Benedikt XVI. ist die angebliche Einheit von Glaube und Vernunft.
Vernunft? Hoffen wir, dass nicht bei nächster Gelegenheit der Heilige
Stuhl gezeigt wird.
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