(ots) - "Beim Reformziel "Eigen-Inthronisierung in
einem Präsidialsystem" sollten die Warnglocken läuten. Erdogan hat
den Sieg verdient, doch ebenso verdient es die Demokratie, dass ihm
Grenzen gesetzt bleiben."
Von Sören Sgries
Diesen Wahlsieg hat sich Recep Tayyip Erdogan verdient. Die Türken
wissen, was sie an ihrem Regierungschef haben: Der AKP-Führer ist
nicht bloß der provokative Dampfplauderer, als der er in Deutschland
wahrgenommen wird, wenn er Migranten auffordert, zunächst die
türkische Sprache zu lernen. Islamisierungstendenzen? Kein Thema von
Belang. Das Land hat ihm schließlich einen sensationellen
Wirtschaftsaufschwung zu verdanken. International steht die Türkei so
einflussreich da wie lange nicht mehr. Nicht allein die enge Bindung
an USA und EU war Maßgabe der Außenpolitik, vielmehr wurden die
Beziehungen zu den Nachbarländern gepflegt, ohne sich in neue
Abhängigkeiten zu begeben. Die Türkei hat sich emanzipiert - maßvoll,
aber doch selbstbewusst. Das darf vom Wähler belohnt werden.
Bemerkenswert ist aber auch, dass der AKP die erhoffte
Zweidrittelmehrheit verwehrt blieb. Zwar bewegt sich die Türkei in
die richtige Richtung, doch es bleiben weiterhin Baustellen offen.
Die Situation der Kurden wurde - trotz Ankündigungen - nicht deutlich
verbessert. Meinungs- und Pressefreiheit bleiben unterentwickelt. Und
beim Reformziel "Eigen-Inthronisierung in einem Präsidialsystem"
sollten die Warnglocken läuten. Erdogan hat den Sieg verdient, doch
ebenso verdient es die Demokratie, dass ihm Grenzen gesetzt bleiben.
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