(ots) - In seiner heute gemeinsam mit dem Bundesverband
privater Anbieter sozialer Dienste (bpa) vorgestellten Studie
"Pflegewirtschaft 2011: Wertschöpfung, Beschäftigung und deren
Auswirkung auf Steuern und Sozialabgaben" beleuchtet Dr. Dominik H.
Enste, Leiter des Kompetenzfelds Institutionenökonomik im Institut
der deutschen Wirtschaft Köln und Vertretungsprofessor für
International Business an der Fachhochschule Köln, die
Pflegewirtschaft im Jahr 2011.
Anhand aktueller Daten und Hochrechnungen zu den
Beschäftigungszahlen verdeutlicht er den Professionalisierungstrend,
aber auch Kosten und Wertschöpfung. Dr. Dominik H. Enste kommt dabei
zu folgenden Ergebnissen:
- Das Umsatzvolumen für Pflegeleistungen beläuft sich im Jahr 2011
voraussichtlich auf rund 33 Milliarden Euro und hat sich in den
letzten 15 Jahren fast verdoppelt.
- Der Beitrag der privaten Anbieter zu diesem Umsatzvolumen
beträgt fast 13 Milliarden Euro. Davon entfallen 5,2 Milliarden
Euro auf die privaten ambulanten Pflegedienste und 7,5
Milliarden Euro auf die privaten stationären Einrichtungen.
- Die volkswirtschaftliche Wertschöpfung der Pflege im Jahr 2011
liegt bei über 27 Milliarden Euro. Dies entspricht etwa einem
Anteil von 1,1 % am Bruttoinlandsprodukt. Dieser Anteil gibt die
Wertschöpfung durch pflegerische Leistungen im Verhältnis zur
Wertschöpfung der gesamten Volkswirtschaft an.
- Diese Leistungen erbringen nach Hochrechnungen 970.000
Beschäftigte (= 680.000 Vollzeitäquivalente) und versorgen damit
weit mehr als die Hälfte der rund 2,5 Millionen
Pflegebedürftigen.
- Die Pflegewirtschaft schafft Arbeitsplätze vor Ort in
Deutschland. 80.000 neue Stellen in der Pflege entsprechen einem
Plus von je 10 % in den Jahren 2008 und 2009. Und ein Ende des
Beschäftigungsaufbaus ist nicht in Sicht.
- Aufgrund der demographischen Entwicklung wird sich die Zahl der
Pflegebedürftigen bis 2050 auf rund 4 Millionen erhöhen. Dadurch
steigt der Bedarf an Voll- und Teilzeitbeschäftigten
voraussichtlich auf bis zu 2,1 Millionen. Dabei gibt es bereits
heute einen großen Fachkräftemangel in der Pflege.
- Bereits heute kommt auf drei unbesetzte Stellen in der
Altenpflege nur eine arbeitsuchende Altenpflegefachkraft.
- Die Professionalisierung der Pflege schafft gleichzeitig
Spielräume für mehr Beschäftigung in anderen Branchen, wo der
Fachkräftemangel - wie im MINT-Bereich - große Probleme
bereitet. Ein gut ausgebildeter Ingenieur entwickelt besser
innovative Produkte, als sich als Laie um die Pflege der
Angehörigen zu kümmern. Wer die pflegebedürftigen Angehörigen in
guten und professionellen Händen weiß, arbeitet gern in seinem
Beruf weiter, statt zu pflegen und dies mit positiven Folgen für
Staat und Gesellschaft.
- Diese Spezialisierung und Professionalisierung haben positive
Effekte für den Staat. Die professionelle Pflege sorgt direkt
und indirekt schätzungsweise für zusätzliche Staatseinnahmen in
Höhe von bis zu 22,68 Mrd. Euro pro Jahr. Davon entfallen bis zu
8,7 Mrd. Euro auf die privaten Anbieter.
- Die Pflege wird dabei in Deutschland - trotz Pflegeversicherung
- schon heute zu fast 30 Prozent aus privaten Einkünften oder
Ersparnissen finanziert.
Bernd Meurer, Präsident des Bundesverbandes privater Anbieter
sozialer Dienste (bpa), leitet aus der aktuellen Studie wichtige
Konsequenzen und Weichenstellungen ab. "Die Studie verdeutlicht die
hohe Wirtschaftskraft einer zukunftsfähigen Branche, aber auch die
übergroßen Herausforderungen einer immer älter werdenden
Gesellschaft. Wenn wir heute nicht handeln, wo uns derzeit schon
zehntausende Fachkräfte fehlen, programmieren wir den Pflegenotstand
von morgen. Bereits heute kommt auf drei unbesetzte Stellen in der
Altenpflege nur eine arbeitsuchende Altenpflegefachkraft. In den
kommenden neun Jahren werden wir noch mindestens 220.000 zusätzliche
Pflegekräfte allein in der Altenpflege benötigen. Wir brauchen
Ausbildung, Weiterbildung und die Wiederaufnahme der Finanzierung des
dritten Umschulungsjahres sowie eine qualifizierte Zuwanderung
verbunden mit einer unbürokratischen Anerkennung der entsprechenden
Berufsabschlüsse", so Meurer.
Die Verabschiedung eines Ausbildungsstärkungsgesetzes wäre nach
Ansicht des bpa zudem ein wichtiger Schritt für eine gesicherte
pflegerische Versorgung. Ein solches Gesetz soll verlässliche Rahmen-
und ausdrücklich auch Finanzierungsbedingungen für die
Ausbildungsstellen und damit eine sichere Perspektive für
ausbildungswillige junge Menschen schaffen.
"Ohne gesteuerte qualifizierte Zuwanderung werden wir jedoch nicht
auskommen. Als Pflegewirtschaft fordern wir daher von der Politik,
unverzüglich gesicherte Rahmenbedingungen für die Zuwanderung von
Fachkräften aus Nicht-EU-Staaten zu schaffen", so der bpa-Präsident.
"Der demographische Wandel stellt uns in den kommenden Jahren vor
immense Herausforderungen. Aus diesem Grund ist die Vorrangprüfung
abzuschaffen und das zeitaufwendige und bürokratische
Anerkennungsverfahren ausländischer Berufsabschlüsse schleunigst zu
ändern. Würden jetzt auch noch über 90 % der heutigen Auszubildenden
mit Real- oder Hauptschulabschluss zukünftig abgewiesen, sind die
Pflegebedürftigen von morgen sich selbst überlassen", ist sich Meurer
sicher. "Die EU-Regelungswut würde die Pflege in ein Fiasko stürzen."
Die Europäische Kommission, so informiert der bpa, arbeitet
derzeit intensiv an der Neuauflage der europäischen
Berufsanerkennungsrichtlinie 2005/36/EG, die auch die
Zugangsvoraussetzungen für den Kranken- und Altenpflegeberuf umfasst
und mit der eine folgenschwere Änderung droht: Gefordert wird eine
Heraufsetzung der Zugangsvoraussetzungen für die Kranken- und
Altenpflegeausbildung von 10 auf 12 Schuljahre.
Gerne senden wir Ihnen die Studie per Mail zu.
Der Bundesverband privater Anbieter sozialer Dienste e. V. (bpa)
bildet mit mehr als 7.000 aktiven Mitgliedseinrichtungen die größte
Interessenvertretung privater Anbieter sozialer Dienstleistungen in
Deutschland. Einrichtungen der ambulanten und (teil-) stationären
Pflege, der Behindertenhilfe und der Kinder- und Jugendhilfe in
privater Trägerschaft sind im bpa organisiert. Die Mitglieder des bpa
tragen die Verantwortung für rund 215.000 Arbeitsplätze und ca.
16.500 Ausbildungsplätze.
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Steffen Ritter, Pressesprecher, Tel.: 030-30 87 88 60, Mobil: 0160 /
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