„Welche Rahmenhöhe brauchen Sie denn?“ – wenn diese Frage beim Fahrradkauf gestellt wird, sind Fachleute wie Gelegenheitsradler oft ratlos. Denn durch Moden und Trends im Rahmendesign hat dieses Maß viel Aussagekraft verloren. Der pressedienst-fahrrad erklärt, worauf es wirklich ankommt, damit der Rahmen passt.
(firmenpresse) - [pd-f] Bereits beim Messen der „Rahmenhöhe“ beginnen die Probleme. Es gibt unterschiedliche Messverfahren. Gemessen wird die Länge des Sattelrohrs von der Mitte des Tretlagers je nach Messvariante bis zur Mitte des Oberrohrs, bis zu dessen Oberkante oder auch bis zur obersten Kante des Sitzrohrs selbst. Die Unterschiede je nach Messvariante können bis zu fünf Zentimeter betragen.
„Bei der heutigen Vielfalt der Rahmenformen ist die Sitzrohrlänge alleine nicht mehr aussagekräftig“, bestätigt Stefan Scheitz vom Radhersteller Felt (www.felt.de). Mountainbike-Rahmen mit abfallendem Oberrohr, Sloping-Form genannt, weisen ein deutlich kürzeres Sattelrohr auf, kompensiert wird das durch eine weit ausgezogene Sattelstütze. „Bei Rennrädern bieten wir neben der standardmäßigen Variante Komfort-Modelle an, bei denen das Steuerrohr im Vergleich zum Sattelrohr länger und das Oberrohr kürzer ist“, so Scheitz.
Scheitz rät, die Rahmenhöhe bis auf weiteres zu vergessen und stattdessen die Sitzhöhe zu bemühen: „Diese erhält man, wenn man die Schrittlänge mit 0,885 multipliziert“, erklärt der Experte. Doch auch dieses Maß ist letztlich ein Näherungswert, der von zahlreichen Faktoren beeinflusst wird – zum einen durch ganz handfeste Dinge wie Tretkurbellänge, Schuhsohlendicke und Beschaffenheit des Sattels, zum anderen aber dadurch, wie man auf dem Rad sitzen will. „Während Radsportler die Sattelhöhe exakt so einstellen, dass sie in der untersten Pedalposition genau die richtige Beinstreckung erreichen, kommt es komfortorientierten Citybikern oftmals eher darauf an, beim Ampelstopp leicht mit den Füßen auf den Boden zu kommen, als möglichst effizient ihre Tretkraft einzusetzen“, erklärt Ralf Klagges von der Fahrradmanufaktur „utopia-velo“ (www.utopia-velo.de).
Die richtige Rahmenhöhe hängt auch vom Radtyp ab
„Wie man auf dem Rad sitzt, ist erst einmal eine Frage der Fahrradgattung“, erklärt Mario Moeschler vom Radhersteller Winora (www.winora.de) und führt dazu gleich zwei Beispiele an: „Unser Cityrad ,Winora Liberty‘ hat bei einer Sitzrohrlänge von 46 cm ein 180-mm-Steuerrohr. Denn bei diesem Rad muss noch eine gefederte Sattelstütze untergebracht werden und mit dem hohen Lenker wird eine aufrechte Haltung erreicht. Ganz anders das ,Staiger Ontario‘, ein ungefedertes Carbon-Trekkingbike: Da ist bei Sitzrohrlänge 48 das Steuerrohr nur 125 mm lang. Nur über Sitzrohrlänge beziehungsweise Rahmenhöhe zu sprechen, sagt also wenig aus, wenn man den Fahrradtyp nicht kennt.“
„Anstatt einfach nur auf die Rahmenhöhe zu schauen, muss man das ergonomische Dreieck von Lenker, Sattel und Pedalen im Blick haben“, sekundiert Frank Stefan Kimmel, Deutschland-Vertreter des amerikanischen Rennradherstellers Serotta (www.serotta.de) und ausgewiesener Experte für die Bestimmung der Sitzposition. „Das Tretlager ist der Fixpunkt, von dem aus die Position des Sattels festgelegt wird. Ausgehend vom Sattel positioniert man dann – u. a. unter Berücksichtigung von Flexibilität, Stärke der Rumpfmuskulatur und gewünschtem Einsatzbereich - den Lenker.“
Unisex-Rahmenformen
All dies hängt in erster Linie von der Geometrie des Fahrradrahmens ab: vom horizontalen Abstand zwischen der Sitzrohr-Oberkante und dem Steuerrohr sowie von der Steuerrohrlänge. Allerdings sind nicht unbedingt vielfältige Rahmengrößen notwendig, um Sitzlänge und Lenkerhöhe optimal einzustellen. Beim Vollfederungs-Spezialisten riese und müller (www.r-m.de) etwa reichen die zwei Größen der Erfolgsmodelle „Avenue“, „Culture“ und „Homage“ völlig aus, um nahezu alle Radler glücklich zu machen; beim Faltrad „Birdy“ sogar eine einzige. „Da die Modelle Culture, Avenue und Homage ja ohne Oberrohr auskommen, kann über die Bauteile Sattelstütze und Vorbau den unterschiedlichen anatomischen Voraussetzungen besonders gut entgegengetreten werden“, erklärt riese und müller-Marketingmann Tobias Spindler. Bei Citybikes ermöglicht ein höhen- und winkelverstellbarer Vorbau eine enorme Freiheit bei der Positionierung des Lenkers. „Das sollte jedoch nicht so weit getrieben werden, dass der Vorbau senkrecht nach oben zeigt, also der Lenker so hoch und so nah am Fahrer wie möglich eingestellt wird. Wer das macht, hat garantiert die falsche Rahmengröße gewählt“, mahnt Thomas Stagat vom Komponentenhersteller Humpert (www.humpert.com).
Komfort verlangt Spannung
Die typische Hollandrad-Position – der Oberkörper steht senkrecht, der Lenker ist so nah am Sattel, dass man fast mit den Knien daran stößt – mag auf kurzen Strecken bequem sein, doch diese Haltung ist für sportliches Radfahren gänzlich ungeeignet. „Der Aufbau von Körperspannung wird umso wichtiger, je sportlicher oder ausdauernder Rad gefahren wird“, erklärt Sitzposition-Spezialist Frank Stefan Kimmel.
Mehr Rahmenhöhen bedeuten mehr Aussicht auf Komfort
Bei Sportlern kommt es also auf einen Feinschliff der Sitzposition an, der mit zwei oder drei Rahmengrößen nicht mehr zu machen ist, wie Felt-Chef Stefan Scheitz erklärt: „Radsportler haben bei der Sitzposition auch immer das Steuer- und Fahrverhalten ihrer Maschine im Auge.“ Scheitz hält wenig von der Taktik mancher Mitbewerber im Rennrad-Segment, kompakte Rahmenformen zu nutzen, um weniger Größen anzubieten und dadurch Kosten zu sparen. „Das führt dann dazu, dass für gesponsorte Rennfahrer eigens Maßrahmen angefertigt werden müssen, weil die mit den verfügbaren Größe nicht klarkommen“, gibt er Insiderwissen weiter.
Oft unterschätzt: Rahmenlänge
Für die sportlichen Fahrer muss vor allem die Länge des Rahmens stimmen. Die Distanz zwischen Lenker und Sattel durch ein Verschieben des letzteren zu ändern, ist verpönt, weil sich dadurch die horizontale Entfernung vom Sattel zum Tretlager ändert, doch die ist durch Faktoren wie die Länge der Oberschenkel genau festgelegt. Bei der Vorbaulänge gibt es nur zwei bis drei Zentimeter Spielraum, dann lenkt sich das Rad merklich anders. Das ist der Grund dafür, warum besonders Rennräder in einem breiten Größenspektrum angeboten werden: Bei Felt sind das sechs Rahmenhöhen beim Profirad „F1“ und ganze sieben beim Einsteiger-Modell „F85“. Dazu kommen je fünf Rahmenhöhen bei den Komfort-Modellen der Z-Serie sowie spezielle Frauen-Geometrien in drei Rahmenhöhen sowie zwei Laufradgrößen. Scheitz empfiehlt deshalb, „die gesamten Geometrie-Daten jeder Rahmenhöhe zu vergleichen“. Diese Auffassung findet ihre Anhänger nicht nur bei Sportrad-Herstellern, auch Utopia variiert die Rahmenlänge jedes Rahmentyps je nach Rahmenhöhe: Bei höheren Rahmenhöhen wird bei Utopia der Hinterbau länger und die vordere Fußfreiheit größer. „Bei unseren flachen Sattelrohrwinkeln darf man die Stütze nicht zu weit rausziehen, sonst rückt der Sattel zu weit nach hinten und - das Fahrverhalten wird unkomfortabel“, erklärt Ralf Klagges. „Wir meinen, je bequemer man sitzt, umso weniger ermüdet man, um so ausdauernder und genussvoller kann man Rad fahren“, so Klagges gegenüber dem pressedienst-fahrrad. Seine Faustformel lautet: Schrittlänge minus 24 ergibt die Rahmenhöhe.
Rahmengröße statt Rahmenhöhe
Die Schweizer Firma „MTB Cycletech“ (www.mtb-cycletech.de) gibt für ihr vielfach ausgezeichnetes Mountainbike „Opium“ gar keine Rahmenhöhe mehr an. Hintergrund: Das Sitzrohr ist bei allen drei Größen gleich lang (ca. 48 cm), die Rahmen unterscheiden sich in der Länge von Ober- und Steuerrohr. „Diese beiden Faktoren bestimmen die Ergonomie auf dem Rad, nicht die Länge des Sattelrohrs, bzw. der sich daraus ergebende Auszug der Sattelstütze“, argumentiert MTB-Cycletech-Gründer Butch Gaudy.
Komponenten ermöglichen Feinjustage
Bei so einer Größenpalette ist die exakte Positionierung von Sattel und Lenker dann meist nur noch eine Sache von Millimetern. Nun kommen Komponenten ins Spiel wie unterschiedlich weit nach hinten versetzte Sattelstützen (etwa die Modelle „Hook“ mit großem und „Skalar“ mit minimalem Versatz von Humpert) und natürlich Vorbauten, die in der Regel in Zehn-Millimeter-Abstufungen erhältlich sind. „Ein kulanter Radhändler tauscht den Vorbau auch aus, wenn er sich als zu lang oder kurz erweist“, meint Serotta-Mann Kimmel.
Königsklasse: Maßgefertigter Rahmen
Der Schritt zur konsequenten Umsetzung individuellen Sitzposition ist dann mit einem Maßrahmen erreicht. „Hier geht es jedoch mindestens ebenso sehr um ein optimales Fahrverhalten, für das auch Faktoren wie Lenkwinkel, Gabelvorbiegung und Kettenstrebenlänge berücksichtigt werden", erklärt Kimmel. Seinen Kunden bietet er eine gut 90-minütige Anpassungssitzung und nach der Rahmenhöhe fragt der Positions-Experte dabei ganz bestimmt nicht.
Stefan Scheitz sieht das klassische Schema der Rahmenhöhen jedoch nicht auf dem Abstellgleis. „Vier von fünf Radfahrer finden im Spektrum der erhältlichen Rahmenhöhen eine passende Größe“, so Scheitz. Serotta-Mann Kimmel pflichtet bei: „Nicht jeder benötigt einen Maßrahmen, doch wer aus der Norm fällt, der fährt mit dem individuellen Rahmen besser.“
Der pressedienst-fahrrad hat es sich zur Aufgabe gemacht, dem guten Fahrrad und dessen Anwendung mehr Öffentlichkeit zu verschaffen. Denn wir sind der Meinung, dass Radfahren nicht nur Spaß macht und fit hält, sondern noch mehr ist: Radfahren ist aktive, lustvolle Mobilität für Körper und Geist. Kurz: Radfahren ist Lebensqualität, Radfahren ist clever und Radfahren macht Lust auf mehr...
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