(ots) - Die Lage älterer Arbeitsloser in Deutschland ist
weitaus schlechter, als von Bundesarbeitsministerin Ursula von der
Leyen (CDU) bislang dargestellt. Das zeigen Recherchen der Redaktion
"Report Mainz" für das ARD-exclusiv "Alt, arm, arbeitslos - immer
mehr Ältere rutschen ab", das am Mittwoch um 21.45 Uhr im Ersten
ausgestrahlt wird.
So geht aus zwei bislang unveröffentlichten Studien hervor, dass
sich die Job-Chancen älterer Arbeitsloser in den vergangenen Jahren
nicht verbessert haben. Das Institut für Arbeit und Qualifikation
(IAQ) der Universität Duisburg-Essen hat ermittelt, dass Unternehmen
bei der Neueinstellung nach wie vor jüngere Bewerber gegenüber
älteren bevorzugen. An der Altersdiskriminierung bei Neueinstellungen
habe sich seit Jahren nichts geändert, wie Professor Matthias Knuth
vom IAQ gegenüber den Autoren der Reportage erklärte. Grundlage der
Studie sind Daten der Bundesagentur aus den vergangenen zehn Jahren.
Knuth wörtlich: "Der Abstand zwischen Älteren und Jüngeren hat sich
praktisch nicht verändert." Zwar seien absolut mehr Ältere
eingestellt worden als noch vor zehn Jahren, das führten die Forscher
aber darauf zurück, dass es heute auch deutlich mehr Ältere als
früher gebe. Jenseits dieses statistischen Effekts gebe es fast keine
Änderungen. Auch den Anstieg bei der Beschäftigung Älterer führten
die Forscher vor allem darauf zurück, dass die Bevölkerung insgesamt
älter geworden sei.
Eine ebenfalls bislang unveröffentlichte Studie des Instituts für
Arbeits- und Berufsforschung (IAB) in Nürnberg kommt zu einem
ähnlichen Ergebnis. Dort heißt es, die Beschäftigungslage Älterer
habe sich zwar stabilisiert, aber: "Werden ältere Arbeitnehmer
arbeitslos, haben sie nur geringe Chancen auf einen neuen Job." Die
Wahrscheinlichkeit einen Job zu finden, ist bei den über 50-Jährigen
demnach nicht einmal halb so groß wie bei den 20- bis 49-Jährigen.
Bundesarbeitsministerin von der Leyen hat bislang stets betont,
dass die Älteren die "Gewinner am Arbeitsmarkt" seien. Mit den
Ergebnissen der Studien konfrontiert räumte sie nun ein, dass man
"erst am Anfang einer Entwicklung" stehe. "Ich will nicht behaupten,
dass dort die Arbeit schon erledigt wäre, ganz im Gegenteil. Das kann
noch besser werden, aber wir sollten nicht immer nur die Älteren
schlechtreden, darüber reden, was sie nicht können und dass sie keine
Chancen haben."
Nach Recherchen der Autoren werden viele ältere Arbeitslose zudem
nicht in der Statistik ausgewiesen. So ergibt sich aus Angaben der
Bundesagentur für Arbeit, dass aus der offiziellen
Arbeitslosenstatistik insgesamt rund 850.000 Menschen herausgerechnet
werden. Etwa 600.000 Ältere werden laut BA nicht als arbeitslos
ausgewiesen, weil sie beispielsweise in Maßnahmen sind oder einer
selbstständigen Tätigkeit nachgehen. Hinzu kommen rund 250.000 ältere
Menschen, für die vorruhestandsähnliche Regelungen gelten (Stand Mai
2011).
Dabei handelt es sich um Personen, für die die so genannten
"alten" und "neuen 58-Regelungen" gelten. Nach der neuen Regelung
gelten über 58-Jährige als nicht mehr arbeitslos, wenn ihnen ein Jahr
lang keine Stelle nachgewiesen werden konnte. Die Zahl der Älteren,
für die diese "neue 58-Regelung" gilt, hat sich innerhalb des letzten
Jahres auf rund 90.000 vervierfacht. Außerdem sind nach Informationen
der Autoren Arbeitslose über 50 durchschnittlich vier Jahre
arbeitslos. Wenn sie danach wieder eine Stelle aufnehmen, verdienen
sie im Durchschnitt nur noch 1400 Euro.
ARD-exclusiv: "Alt, arm, arbeitslos - immer mehr Ältere rutschen
ab", ein Film von Oliver Heinsch und Thomas Reutter, Mittwoch,
24.08.2011, 21.45 Uhr im Ersten.
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