(ots) - Das börsennotierte Wohnungsunternehmen GSW schickt
15.000 Berliner Haushalten Mieterhöhungen ins Haus. Na, das war ja
wohl zu erwarten, möchte man fast reflexartig kommentieren und darin
einen Beweis für die üblen Folgen sehen, die die entfesselten Kräfte
des renditeorientierten Marktes auf Berlins Mieter haben. Doch wie
passt es da ins Bild, dass auf dem Berliner Immobilienmarkt nicht nur
die internationalen Finanzhaie ordentlich mitverdienen wollen,
sondern, wie sich jetzt herausstellt, auch die kommunalen
Wohnungsbaugesellschaften? Sechs landeseigene
Wohnungsbaugesellschaften mit rund 270.000 Wohnungen gibt es in
Berlin. Und die haben nach eigenen Angaben ebenfalls bereits kräftig
die Preise erhöht oder noch vor, dies zu tun. Ganz ohne den Druck
geldgieriger Heuschrecken - jedoch mit der ausdrücklichen Billigung
des rot-roten Senats. Der nämlich bestimmt, wie die städtischen
Wohnungsgesellschaften handeln, indem er ihnen die Richtlinien
vorgibt. Zwar hat der Senat auf dem Papier die Weisung gegeben, dass
die Gesellschaften preisdämpfend auf den Mietermarkt einwirken
sollen. Doch die Realität sieht anders aus. In Zeiten knapper
Stadtkassen sind Mieterhöhungen die einzige Möglichkeit, Sanierungen
und Bewirtschaftung zu finanzieren. Das weiß auch die Koalition. Und
so unterliegen schließlich auch landeseigene Unternehmen - wie jedes
andere Unternehmen auch - dem Zwang, wirtschaftlich zu arbeiten. Sie
sind ausdrücklich angewiesen, sich am amtlichen Berliner Mietspiegel
zu orientieren. Und der besagt, dass sich der Quadratmeterpreis seit
2009 um 7,9 Prozent erhöht hat. Viel Spielraum also für weitere
"Mietanpassungen". Überraschend sind die jetzt angekündigten
Mieterhöhungen also nicht - sondern nur, mit welcher Unverfrorenheit
ausgerechnet die Regierungsparteien die Angst der Berliner Mieter vor
unbezahlbaren Wohnungen für ihren Wahlkampf nutzen. So pappt die
Plakatparole der Linken - "Mieter vor Wild-West schützen"- an jedem
fünften Straßenbaum, und dazwischen verspricht die SPD, dass für sie
"Mieter und Schutz" zusammengehören. Geflissentlich unterschlagen die
Parteien, dass sie seit zehn Jahren die Berliner Mietenpolitik
bestimmen - und die Bilanz für Berlins Mieter äußerst mau ausfällt.
Der rot-rote Senat hat den maroden Landeshaushalt unter anderem mit
dem Verkauf des Wohnungsunternehmens GSW saniert. Später hat er sich
die Zustimmung zum Börsengang auch noch durch eine einmalige Zahlung
von 30 Millionen Euro abkaufen lassen - wohlgemerkt ohne
Mieterschutzvereinbarungen langfristig zu sichern. Die längst
überfällige Erhöhung der Wohnkostenpauschale für Hartz-IV-Empfänger
hat Rot-Rot vor der Wahl ebenso wenig hinbekommen wie ein
Wohnraumgesetz, das die Mieter der 25.000 Sozialwohnungen, für die
die Förderung ausgelaufen ist, wirksam schützt. Ungelöst ferner das
Problem der massenhaften Umnutzung von Wohnraum in
Touristenunterkünfte in den Innenstadtkiezen. Da ist es schon
einigermaßen befremdlich, dass die Linke am Freitag zur Mieterdemo in
Kreuzberg aufruft. Mieterschutz sieht anders aus.
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