(ots) - Die Sieger schreiben die offizielle Geschichte. Das
wird im Fall Libyen nicht anders sein. Der Sturz Muammar al-Gaddafis
nach 42-jähriger Alleinherrschaft, die er im Zweifelsfall immer auch
mit Gewalt zu verteidigen bereit war, kam unter massivem
Gewalteinsatz der NATO zustande: 26000 Lufteinsätze hatten den laut
UNO-Resolution vorgegebenen Zivilistenschutz bestenfalls als
partiellen Nebeneffekt und gingen sicher nicht ohne menschliche
»Kollateralschäden« vonstatten, deren Dimension zumindest vorerst ein
streng gehütetes Geheimnis bleibt. Der Regimewechsel stand über allem
und vereinte die NATO mit den heterogenen Aufständischen, die von
radikalen Muslimen bis hin zu säkular-westlich orientierten
Demokratiebewegten reichen, wie sie auf dem Kairoer Tahrir-Platz zu
Beginn der ägyptischen Rebellion die Szenerie prägten. Gaddafi ist
Geschichte, was nach ihm kommt, ist offen - wenn man vom freien
Zugang des Westens zu den reichen Ölquellen absieht. Jahrzehntelang
hat der Westen weit mehr über Ressourcen als über Menschenrechte
nachgedacht und alle Diktatoren hofiert, die zur Zusammenarbeit
bereit waren - einschließlich des zeitweise verfemten Gaddafi. Für
diese Scheinheiligkeit haben nun viele Menschen in Libyen und darüber
hinaus mit dem Leben bezahlt. Der Kampf in Libyen zwischen
Traditionellen von moderat bis radikal und den Demokratiebewegten ist
mit dem Tod Gaddafis nicht beendet - er beginnt erst. Ägypten lässt
grüßen.
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