(ots) - Von Sören Sgries
Demokratie in Gefahr? Das wollen die Reaktionen auf den absehbaren
Sieg der islamistischen Ennahdha-Bewegung in Tunesien weismachen. Das
Dilemma, das hier einmal mehr aufscheint: Einerseits lautete die
Forderung, mehr Demokratie zu wagen - andererseits sollen möglichst
nur die Parteien gewinnen, die mit westlichen Staats- und
Gesellschaftsvorstellungen kompatibel sind. Islamistisch geprägte
Vereinigungen sind es jedoch, die derzeit den meisten Rückhalt
bekommen. Die Sorge vor einem Gürtel islamistischer Staaten am
südlichen Mittelmeerrand scheint da berechtigt. Doch wer Demokratie
ernst nimmt, muss auch akzeptieren, ja, begrüßen, dass Interessen der
Bevölkerung in der Politik abgebildet werden. Eine Staats- und
Nationenbildung im arabischen Raum ohne Bezug zum Islam dürfte zum
Scheitern verurteilt sind. Wer Beruhigung sucht: Demokratie und
Menschenrechte sind hohe Güter, die in opferreichem Kampf Diktatoren
abgerungen wurden. Schwer zu glauben, dass hier erneute Unterdrückung
im Namen der Religion möglich sein soll. Warum also nicht
gleichzeitig Demokratie und Islam wagen? Das Vorbild der Türkei
zeigt, dass ein solcher Weg durchaus möglich ist. Aber sicherlich
nicht leicht.
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