(ots) - Berliner Piraten-Abgeordnete kritisieren: Partei hat
keine klare Linie / Führende Piraten-Politiker aus Landesverbänden
fordern zweite Chance
Mainz - In der Piratenpartei ist ein heftiger Streit über den
Umgang mit dem früheren SPD-Bundestagsabgeordneten Jörg Tauss
entbrannt. Darüber berichtet das ARD-Politikmagazin "Report Mainz"
heute Abend um 21.45 Uhr im Ersten. Führende Politiker aus
Landesverbänden der Piratenpartei fordern im Interview mit "Report
Mainz", dem wegen des Besitzes von Kinderpornographie verurteilten
Politiker eine zweite Chance in der Partei zu geben. "Auf jeden Fall
hat er meiner Meinung nach eine zweite Chance verdient", sagte Jasmin
Maurer, Landesvorsitzende der Piraten im Saarland. Ähnlich äußerte
sich ihr Stellvertreter Thomas Brück im Interview. Der politische
Geschäftsführer der baden-württembergischen Piraten, Sven Krohlas,
erklärte ebenfalls: "Jörg Tauss ist natürlich eine umstrittene
Person, das wissen wir alle, aber mein Gott, jeder hat eine zweite
Chance verdient." Das jedoch lehnen der Bundesvorsitzende der
Piratenpartei, Sebastian Nerz, und sein Stellvertreter Bernd Schlömer
im Interview mit dem ARD-Politikmagazin strikt ab. "Jörg Tauss bringt
mit seiner Verurteilung natürlich ein Imageproblem für die
Piratenpartei mit", sagte Nerz. "Jörg Tauss ist in der Piratenpartei
nicht willkommen. Ich würde mich freuen, wenn er das wieder einsehen
würde." Schlömer ergänzte: "Jörg Tauss ist 2009. Wir sind 2011. Was
Jörg Tauss macht, denkt, tut, hat keine Bedeutung. Er spielt keine
Rolle in der Partei."
Mehrere Abgeordnete der Piratenpartei im Berliner Abgeordnetenhaus
kritisieren unterdessen gegenüber "Report Mainz" den Umgang der
eigenen Partei mit Jörg Tauss seit dessen Austritt im Jahr 2010 als
inkonsequent. Es sei unglaubwürdig, wenn die Piraten Tauss nicht mehr
in der Partei haben wollten, sich aber dennoch von ihm bei den
Wahlkämpfen unterstützen ließen. Der Abgeordnete Pavel Mayer erklärte
im Interview: "Wo man sich natürlich schon Fragen gefallen lassen
muss, ist, dass der Austritt von Jörg Tauss auf der einen Seite
erfolgte, der dann aber letztendlich nur formalen Charakter hatte.
Das ist nicht im Sinne von dem, was wir vertreten und sehen wollen."
Der Abgeordnete Christopher Lauer sagte: "Da passt Realität und
Anspruch an dieser Stelle nicht zusammen, und das ist ein Lerneffekt,
den diese Partei haben wird." Der Abgeordnete Gerwald Claus-Brunner
betonte: "Natürlich kann man das kritisieren, da sehe ich auch selber
den Konflikt. Eine klare Linie sieht anders aus."
Jörg Tauss selbst forderte die Piratenpartei im Interview auf,
sich endlich zu entscheiden, wie sie mit ihm umgehen wolle. Tauss
sagte über sich selbst: "Man kann sagen, wir wollen mit dem nichts zu
tun haben, weil er vorbestraft ist wegen eines Deliktes, das auch
gesellschaftlich sehr umstritten ist. Oder man kann sagen, wir wollen
seine Mitarbeit, wir wollen auch die Erfahrungen, die er einbringt.
Beides geht natürlich nicht." Tauss hatte die Piratenpartei im
Berliner Wahlkampf aktiv unterstützt, indem er unter anderem
Großplakate aus Baden-Württemberg nach Berlin transportiert und
aufgestellt hatte. Außerdem hat er nach eigenen Angaben den Text für
eine Flugblattaktion geliefert. Auch im Landtagswahlkampf
Baden-Württemberg war Tauss aktiv für die Partei. Er beteiligte sich
an Infoständen, nahm an Parteiveranstaltungen teil. Er war auch bei
den Bundesparteitagen der Piraten 2011 und 2010. Jörg Tauss sagte im
Interview, er wolle sich gerne stärker in die Piratenpartei
einbringen. "Unter klaren Bedingungen bin ich dazu bereit. Ich
plakatiere gerne, ich rühre gerne Kleister an, ich kann viel
Erfahrung einbringen zu verschiedenen Politikfeldern, und ich bin
bereit, das zu tun."
Die Landesvorsitzende der saarländischen Piratenpartei, Jasmin
Mauer, forderte ihre Partei auf, die Diskussion über Jörg Tauss mit
mehr Sachlichkeit zu führen. Wörtlich sagte sie: "Die Diskussion
läuft teilweise auf einem Niveau, da muss ich sagen, ich schäme mich,
dass diese Leute auch Piraten sind." Bei der Personalie Tauss gehe
"ein Riss durch die Partei".
Weitere Informationen finden Sie auf der Internet-Seite
www.reportmainz.de.
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Bei Fragen wenden Sie sich bitte an "Report Mainz", Tel.:
06131/929-3351.