(ots) - Eurogruppen-Chef Jean-Claude Juncker hat der Politik
in Deutschland vorgeworfen, so zu tun, als wäre das Land
schuldenfrei. "Ich halte die Höhe der deutschen Schulden für
besorgniserregend", sagte Juncker in einem Interview des Bonner
General-Anzeigers und fügte hinzu, "Deutschland hat höhere Schulden
als Spanien. Nur will das hier keiner wissen." Der luxemburgische
Ministerpräsident zeigte angesichts der Finanzkrise Verständnis für
Ängste in Deutschland. "Hier mussten die Menschen zweimal machtlos
der Totalzerstörung des gesamten Volksvermögens zusehen." Er sehe
derzeit aber weder eine Inflationsgefahr noch die Gefahr des
Zusammenbrechens der Währungszone. "Es gibt keinen Grund zu denken,
dass das Ersparte in die Gefahrenzone geriete". Juncker sieht
Griechenland bei der Haushaltskonsolidierung auf einem guten Weg.
"Ich würde diesen Weg aber als nicht so gradlinig bezeichnen, dass er
es jetzt schon erlaubte, Licht am Ende des Tunnels zu sehen." Einen
Austritt Griechenlands aus dem Euroraum bezeichnete Juncker als
"theoretisch". Weil das Land seine Schulden weiter in Euro bezahlen
müsste, die neue Drachme aber 60 Prozent an Wert verlöre, drohte bei
einem Austritt ein "katastrophales Szenario". Juncker glaubt, dass
die britische Regierung nicht mehr lange Widerstand gegen eine
wirkungsvolle Finanzmarktregulierung auf europäischer Ebene leisten
wird. "Auf Dauer wird es für Großbritannien keine Sonderwege geben."
Die Europäer dürften nicht "zum Spielball der Finanzmärkte werden".
Zurückhaltend zeigte sich Juncker bei der Frage, ob es mit der neuen
Regierung in Italien jetzt wieder aufwärts geht. "Die Italiener
müssen sich jetzt gemeinsam auf den Reformweg machen", sagte Juncker.
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