(ots) - Erst die Grußadresse aus Halifax, dann die
Breitseite: Karl-Theodor zu Guttenberg hat genug gebüßt - seiner
Meinung nach. Der Angriff auf die politische Klasse im allgemeinen,
die CSU im besonderen und auf CDU-Größen wie Bundestagspräsident
Norbert Lammert und Bundesbildungsministerin Annette Schavan
persönlich beweisen ebenso wie die Abrechnung mit der Universität
Bayreuth nur eines: Zu Guttenberg ist gescheitert, aber kein bisschen
gescheiter geworden. Auch im Interview mit der Wochenzeitung »Die
Zeit« und dem zugehörigen Buch sucht man echte Einsicht sowie eine
neue und vor allem plausible Erklärung für die Entstehung der nach
eigenen Worten immerhin »beschissenen« Doktorarbeit vergeblich. Nein,
hier spricht jemand, der selbstgefällig nach vorn schaut, weil ihm
die eigene äußerliche Veränderung offenbar genügt und ihm die Zeit
der eigenen Untätigkeit eh schon viel zu lang geworden scheint.
Dramatisch wird der Befund an der Stelle, an der zu Guttenberg
verbreiten lässt, wenn er habe betrügen wollen, hätte er das
zielstrebiger getan. Was bitte soll das denn heißen? Dass der Mann,
von dem einmal die halbe Republik geglaubt hat, dass er es zum
Kanzler bringt, im Falle des Falles den perfekten Betrug hinzulegen
gedenkt? Ganz zu schweigen davon, dass ihm dann 80 Millionen Menschen
anvertraut wären, wo ihn doch schon ganze vier Computer und 80
Datenträger vollkommen um den Verstand gebracht haben sollen. Frech
kommt weiter, weiß der Volksmund. Noch frecher kommt noch weiter,
versucht Guttenberg nun zu beweisen. Gelangt er also wieder in Amt
und Würden, sind die Wähler dafür selbst verantwortlich. Es bleibt
dabei: Jede Gesellschaft bekommt die Politiker, die sie auch
verdient. So ist der sorgsam inszenierte Stufenplan der
Guttenbergschen Wiederkehr eben auch ein Lehrstück unserer Medien-
und Aufregungsdemokratie, die nach Moral schreit, aber noch mehr nach
Glamour dürstet. Wie zu Guttenberg angesichts der sorgenfreien
Selbstgerechtigkeit, die er in eitler Eloquenz und in stets
wohlgesetzten Worten an den Tag legt, als Vorbild eines im positiven
Sinne bürgerlich-konservativen, ja wertebewahrenden Milieus dienen
soll, würde dabei jedoch das Geheimnis seiner wohl kleiner werdenden,
aber immer noch treuen Fangemeinde bleiben. Und es gehört auch zum
Phänomen zu Guttenberg, dass der Zorn über den Freiherrn sich im
eigenen politischen Lager noch immer nicht in der Form Bahn bricht,
in der man es nicht nur verstehen könnte, sondern sogar erwarten
müsste. So hat zu Guttenberg mit seiner Kritik in einem Punkt Recht,
wenn auch ganz anders, als er es meint. In der Tat hat vor allem die
Union im Frühjahr schwere Fehler begangen. CDU und CSU hätten viel
eher und viel deutlicher auf Distanz gehen sollen. Dann hätte
Karl-Theodor zu Guttenberg vermutlich nicht so unangemessen vor der
Zeit und vor allem in so tolldreister Art versuchen können, die
politische Bühne wieder für sich in Besitz zu nehmen.
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