Können Schuhimporteure nach dem Urteil der WTO die Erstattung gezahlter Strafzölle auf Lederschuhe aus China und Vietnam verlangen? Die Zeit drängt und jeder Tag zählt.
(firmenpresse) - Wir zeigen Ihnen, wie Sie jetzt am besten vorgehen sollten.
Wie bereits in unserem letzten Newsletter mit einem Artikel berichtet ist der am 23. März 2006 durch die Europäische Kommission eingeführte Antidumpingzoll von 16,5 % auf die Einfuhren bestimmter Schuhe mit Oberteilen aus Leder mit Ursprung in der Volksrepublik China und von 10% mit entsprechendem Warenursprung in der Volksrepublik Vietnam bekanntlich am 1. April 2011 ausgelaufen.
Bereits im Februar 2011 hatte die Volksrepublik China als Mitglied der Welthandelsorganisation (WTO) ein sog. Streitschlichtungsverfahren angestrengt und die Überprüfung der Antidumpingmaßnahmen beantragt.
Mit Bericht vom 28. Oktober 2011 hat der für das Streitschlichtungsverfahren zuständige Ausschuss der Welthandelsorganisation der Klage Chinas gegen die von der Europäischen Union verhängten Antidumpingzölle zum Teil Recht gegeben.
Nach Auffassung der Welthandelsorganisation verstoße die Regelung der Europäischen Union, Strafzölle lediglich gegen einzelne Lieferanten und nicht für das gesamte Ausfuhrland China zu verhängen, gegen internationale Regeln des Welthandels.
Auch die Höhe der Strafzölle sei unrechtmäßig, da bereits die normale Preisfindung der Exportware und nicht etwa nur unbillige Preisgestaltungen bestraft würden.
Entscheidungen der Welthandelsorganisation sind für deren Mitglieder rechts-verbindlich. Sie binden die Mitgliedsstaaten und damit auch die Europäische Union sowie deren Gerichte, insbesondere den Europäischen Gerichtshof.
Die Entscheidung der WTO vom 28. Oktober 2011 hat damit also auch durchaus Einfluss auf das nationale Abgabenrecht.
Problematisch ist, dass die von deutschen Importunternehmen in der Vergangenheit entrichteten Antidumpingzölle für Schuhware aus China und Vietnam in der überwiegenden Anzahl der betroffenen Fälle bereits endgültig festgesetzt und entrichtet sein dürften.
Aufgrund der gegebenen formellen Bestandskraft der entsprechenden Abgabenbescheide können diese durch die gesetzlich zur Verfügung gestellten Rechtsbehelfe nicht mehr angegriffen werden und bilden daher nach wie vor die - wenn auch fehlerhafte - Rechtsgrundlage für die in der Vergangenheit festgesetzten und gezahlten Antidumpingzölle.
Es bleibt damit lediglich die Möglichkeit der Erstattung von Antidumpingzöllen nach nationalem Abgabenrecht. Gemäß Artikel 236 Zollkodex werden Einfuhrabgaben erstattet, wenn nachgewiesen wird, dass der festgesetzte Betrag im Zeitpunkt der Zahlung nicht gesetzlich geschuldet war. Wird daher beispielsweise durch ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs die der festgesetzten Abgabe zugrundeliegende Rechtslage nachträglich geändert, führt dies zu einer Erstattung, wenn die Abgabe nach der geänderten Rechtslage zu hoch festgesetzt wurde.
Handlungsempfehlungen
Da Entscheidungen der Welthandelsorganisation die Europäische Gemeinschaft und damit auch den Europäischen Gerichtshof binden, besteht die Chance, dass auch auf Basis der WTO-Entscheidung vom 28. Oktober 2011 eine Erstattung der in der Vergangenheit festgesetzten und gezahlten Antidumpingzölle bezüglich deutscher Schuhimporte aus China und Vietnam erreicht werden kann.
Nach Artikel 236 Zollkodex ist der Antrag auf Erstattung vor Ablauf einer Frist von drei Jahren nach Mitteilung der betreffenden Abgaben an den Zollschuldner - also innerhalb von drei Jahren ab Bekanntgabe der jeweiligen Abgabenbescheide - bei der zuständigen Zollstelle zu stellen.
Dies bedeutet in der Konsequenz, dass jeder Tag zählt, da damit lediglich rückwirkend für maximal drei Jahre ein Antrag auf Erstattung der Antidumpingzölle auf chinesische und vietnamesische Schuhe gestellt werden kann.
Es stellt sich damit die Frage, wie es sich mit den außerhalb dieser Antragsfrist festgesetzten und gezahlten Antidumpingzöllen verhält, die nach deutschem Zollrecht nicht erstattungsfähig sein sollen, aber gleichermaßen nach Auffassung der Welthandelsorganisation rechtswidrig erhoben wurden. Hierbei ist zu beachten, dass die Erstattungsfrist von drei Jahren durch die zuständigen Zollbehörden verlängert wird, wenn der Antragsteller nachweist, dass er infolge eines unvorhersehbaren Ereignisses oder höherer Gewalt daran gehindert war, den Antrag fristgerecht zu stellen.
Da vor dem Europäischen Gerichtshof derzeit ein Vorabentscheidungsersuchen zu der Rechtsfrage anhängig ist, ob die Rechtswidrigkeit einer Gemeinschaftsverordnung einen Fall höherer Gewalt darstellt, der eine Überschreitung der Erstattungsfrist von drei Jahren erlaubt, empfiehlt es sich, Erstattungsanträge auf jeden Fall über den Dreijahreszeitraum hinaus zu erstrecken.
Sollte der Europäische Gerichtshof nämlich die Rechtswidrigkeit einer Gemeinschaftsverordnung als höhere Gewalt ansehen, so gilt dies auch für den vorliegenden Fall der Entscheidung der Welthandelsorganisation vom 28. Oktober 2011, da es sich auch bei dieser Entscheidung im weitesten Sinne um verbindliches Gemeinschaftsrecht handelt.
Die entsprechenden Antidumpingzölle für den Import von Lederschuhen aus China und Vietnam wurden bekanntlich bereits am 23. März 2006 durch die Europäische Kommission eingeführt, mit der Folge, dass ein Großteil der gezahlten Strafzölle heute bereits außerhalb des eigentlichen gesetzlichen Erstattungszeitraumes von drei Jahren liegt und damit nur noch im Falle höherer Gewalt überhaupt erstattungsfähig ist.
Auf welche Zeiträume sollten sich die Erstattungsanträge demnach beziehen?
Sinnvollerweise sollten Erstattungsanträge damit nicht nur auf den gesetzlichen Dreijahreszeitraum beschränkt werden, sondern grundsätzlich alle seit Einführung der Antidumpingzölle für Schuhimporte aus China und Vietnam festgesetzten Abgaben umfassen. Zumindest aber hinsichtlich der innerhalb der Dreijahresfrist festgesetzten und gezahlten Antidumping-zölle sollte schnellstmöglich gehandelt und die entsprechende Erstattung der Strafzölle bei den zuständigen Zollbehörden beantragt werden.
Gilt es besondere Formalien bei der Antragstellung zu beachten?
Darüber hinaus sollte für entsprechende Erstattungsanträge auch unbedingt der amtliche Antragsvordruck der Zollverwaltung verwendet bzw. sichergestellt werden, dass der Antrag die in diesem amtlichen Vordruck aufgeführten Pflichtangaben enthält.
Für über die Pflichtangaben hinaus fehlende Angaben oder Unterlagen setzt die Zollstelle dem Antragsteller zwar gewöhnlich eine entsprechende Nachfrist. Wird diese Frist aber im Anschluss nicht eingehalten, so gilt der Antrag als zurückgezogen. Um jegliches Risiko auszuschließen, sollte also besser von Anfang an der amtliche Antragsvordruck verwendet und vollständig ausgefüllt werden.
Fazit
Erstattungsanträge sollten unverzüglich unter Beachtung der entsprechenden Formalien gestellt werden. Jeder Tag zählt und kann Geld kosten, da die Antragsfrist läuft!
Mit Blick auf die entscheidende Bedeutung der im Erstattungsantrag anzugebenden Zeiträume und der zu beachtenden Formalien empfiehlt es sich, gegebenenfalls fachkundigen Rat in Anspruch zu nehmen, um teure Fehler zu vermeiden.
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