Das Internet ist gut für manche Überraschung. Kaum ein Unternehmen stellt sich vor, vor welche Gerichte es wegen eines behaupteten Rechtsverstoßes im Internet zitiert und welches Recht darauf angewandt werden kann.
(firmenpresse) - Vor kurzem hat das höchste französische Gericht, die Cour de Cassation (Urteil vom 20.3.2007), entschieden, dass französische Gerichte bei angeblichen Wettbewerbsverstößen von deutschen Internetanbietern zuständig sind, und zwar bereits dann, wenn die behauptete Vermarktung nachgeahmter Produkte eine Rechtsverletzung auf französischem Territorium verursachen kann. Ein Rechtsverstoß braucht nicht eingetreten zu sein. In einem solchen Fall wenden französische Gerichte selbstverständlich französisches Recht an.
In einem anderen „Internet-Fall“ hatte das OLG Düsseldorf kürzlich zu entscheiden, wann deutsches Recht bei Markenverletzungen im Internet anwendbar ist (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 22.04.2008 – Az I-20 U 93/07):
Ein deutscher Unternehmer, der Kosmetikprodukte vertreibt, hatte mit einer Firma aus Dubai eine Vertriebsvereinbarung für die Golfstaaten (UAE = Vereinigte Arabische Emirate) abgeschlossen, die ihr gestattete, dort Produkte unter seinem Namen zu vertreiben.
Danach hatte Dubaier Firma eigenmächtig zwei Domains mit .com-Endung registrieren lassen, deren Namen mit dem Unternehmenskennzeichen des deutschen Unternehmers identisch waren.
Dieser forderte Unterlassung nach § 15 Abs.2, Abs. 4 MarkenG. Dafür ist erforderlich, dass die Marke in verletzender Weise im deutschen Inland benutzt wurde. Ferner muss das deutsche Recht überhaupt anwendbar sein. Dafür kam es entscheidend darauf an, ob sich die Websites (auch) an potentielle Kunden in Deutschland richteten. Nicht ausreichend ist, dass die Websites in Deutschland bloß abrufbar waren, denn das würde eine uferlose Ausdehnung des deutschen Kennzeichenschutzes bedeuten.
Es muss vielmehr ein wirtschaftlich relevanter Inlandsbezug gegeben sein. Dies ist z.B. der Fall, wenn eine deutschsprachige Version der Webseite existiert.
Im konkreten Fall war die Webseite zwar in englischer Sprache verfasst und auf der Startseite prangte die Überschrift „Welcome to our Dubai page“, allerdings war durch eine Weiterleitung die deutschsprachige Ver-sion der Seite erreichbar. Zudem hieß es auf der Webseite ausdrücklich: „We provide bridging services from the UAE to Germany and vice versa. Whether you would like to engage in business in Dubai or we should look for business interests in Germany or Spain ...“. Damit wurden ausdrücklich deutsche Kunden angesprochen, die Kontakte in die Vereinigten Arabischen Emirate suchen.
Somit liegt der erforderliche Inlandsbezug vor und ein Unterlassungsanspruch nach dem Markengesetz war gegeben. Ebenso wurde der Antragsgegnerin untersagt, mit den .com-Domains für sich zu werben, weil dadurch der Wettbewerb des deutschen Unternehmers erheblich behindert werde (§§ 8, 3,4 Nr. 10 UWG).
Die Vertriebsvereinbarung der Parteien dahingehend, dass in der Golfregion Produkte unter dem Namen des deutschen Unternehmens vertrieben werden dürfen, rechtfertigte also nicht die Anmeldung und Nutzung von .com-Domains. Dadurch entstand der fälschliche Eindruck, es handelte sich bei der Dubaier Firma um das deutsche Unternehmen, das auch von Dubai aus international tätig sei, auch nach Deutschland hinein. Die Dubaier Firma hätte eine Domain mit der Endung .ae (für Vereinigte Arabi-sche Emirate) anmelden müssen, um diesen Eindruck nicht aufkommen zu lassen.
FAZIT: Wer im Internet kommuniziert und kommerziell tätig wird, muss besonders sicherstellen, dass keine Irreführungen und Verwechslungen vorkommen können. Ansonsten findet er sich unvermutet vor Gerichten wieder, die und deren Recht er nicht kennt. Durch die deutsche Gerichtsentscheidung waren der Dubaier Firma ihre .com-Domains aus der Hand geschlagen worden – in der praktischen Auswirkung nicht nur für Deutschland.
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