(ots) - Griechenland, die Siebte. Auch gestern wurde im
Bundestag wieder das hohe Lied auf die europäische Solidarität
gesungen. Die Solidarität mit den Griechen aufzukündigen, gilt als
politisch nicht korrekt. Wir erinnern uns: Als der damals frisch
gekürte FDP-Chef Philipp Rösler laut über eine geordnete Insolvenz
Griechenlands nachdachte, wurde er von Kanzlerin Angela Merkel und
vielen anderen abgemeiert. Mittlerweile rät Bundesinnenminister
Hans-Peter Friedrich den Griechen einen Austritt aus der Euro-Zone,
Finanzminister Wolfgang Schäuble bringt ein mögliches drittes
Rettungspaket ins Spiel. Auch auf der Regierungsbank ist Realismus
eingekehrt. Selbst Merkel glaubt nicht mehr an ein Wunder, das kam in
ihrer gestrigen Rede vergleichsweise deutlich zum Ausdruck. Warum
bewilligt eine klare Mehrheit des Bundestags dann immer wieder neue
Milliarden-Hilfen? Das Motiv dafür ist ganz ähnlich, egal ob bei der
Kanzlerin oder den einfachen Abgeordneten: Es ist die Angst vor der
Alternative. Lassen Deutschland und die übrigen EU-Partner die
Hellenen den Bach runtergehen, birgt das Risiken: Der Euro könnte ins
Trudeln geraten, mit unabsehbaren Folgen für die Euro-Zone, für den
europäischen Wirtschaftsraum, für Deutschland, am Ende möglicherweise
gar für jeden Sparer. Doch dies ist quasi das Horror-Szenario. Der
Gegenentwurf: Griechenland geht geordnet in die Pleite, das Land
führt die Drachme wieder ein und hat mit einer neuen Währung die
Chance, seine Produkte zu verbilligen und wieder konkurrenzfähig zu
werden. Doch bevor dieses Modell greifen kann, soll - so will es vor
allem die deutsche Kanzlerin - der permanente Rettungsschirm ESM
aufgespannt sein, sollen Spanien und Italien finanziell wieder auf
die Beine kommen. Wenn man so will, ist dieses zweite Rettungspaket
nichts anderes als gekaufte Zeit - wohlwollend ausgedrückt. Man kann
die ganze Geschichte aber auch als Insolvenzverschleppung bezeichnen.
Die Folgen dieser Politik sind riskant, das Ende ist kaum absehbar.
Unterm Strich spielen Regierung und Bundestags-Mehrheit va banque mit
dem Geld der Steuerzahler.
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