(ots) - Als der letzte Trompetenstoß im Garten von
Schloss Bellevue gestern Abend verklungen war, meinte man einen
kollektiven Seufzer der Erleichterung vernommen zu haben. Mit dem
pompösen Ritual des Großen Zapfenstreichs endet die Ära des
Bundespräsidenten Christian Wulff offiziell, auch wenn die
juristischen Folgen der Affäre noch lange nachwirken werden. Es war,
um es mit Shakespeare zu sagen, ein Winter des Missvergnügens. Nicht
nur für Christian Wulff und seine Familie, sondern für die Republik.
Allerdings haben wir kein epochales Drama wie Richard III. erlebt,
sondern eine Mischung aus Posse, Komödie und peinlichem Volkstheater.
Was als Kreditaffäre begann, steigerte sich über die Feiertage zum
Verdacht der Vorteilsnahme und Begünstigung. Schließlich durchsuchten
Staatsanwälte Wulffs Haus - ein einmaliger Vorgang in der Geschichte
der Bundesrepublik. Am Ende gibt es viele Verlierer. Zum einen
Christian Wulff, der seine letzten Fürsprecher durch den Wunsch nach
lebenslangem Ehrensold, Chauffeur und Personenschutz verloren haben
dürfte. Zum anderen das oft zitierte Amt des Bundespräsidenten, das
schwer beschädigt ist. Die Wunden 
werden langsam, aber sicher
heilen. Die Familie Wulff dürfte aus der Öffentlichkeit verschwinden,
das Bundespräsidentenamt schnell an Würde zurückgewinnen. Die Medien
werden sich nach dem Winter des Missvergnügens neuen Themen zuwenden,
denn die europäische Krise und das Dilettieren der aktuellen
Regierung dürften mit Frühlingsbeginn nicht verschwunden sein. Nur
die Häme der Kritiker wird nicht verebben, sondern sich neue Opfer
suchen. Dabei wäre diese kollektive Energie sinnvoller in eine
politische Debatte investiert: Was erwarten wir von einem guten,
ehrlichen und klugen Bundespräsidenten? Eine Frage, über die es
nachhaltig zu streiten lohnt.
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