(ots) - Die Deutsche Bahn AG hat seit 1999 insgesamt 110
Personenbahnhöfe von ihrem Fernverkehrsnetz abgetrennt. Das geht aus
einer Statistik hervor, die der Verkehrsexperte Felix Berschin im
Auftrag des ARD-Politikmagazins "Report Mainz" erstellt hat. (Die
Gesamtübersicht in Tabellenform steht unter www.reportmainz.de.) Die
größte Stadt, die keinerlei ICE- oder Intercity-Verbindungen mehr
hat, ist Krefeld mit mehr als 263.000 Einwohnern. Auch Heilbronn,
Bremerhaven, Gera und Siegen wurden vom DB-Fernverkehr abgeschnitten.
Dresden verlor 124 Fernverkehrshalte/Woche, Magdeburg: 363, Koblenz:
459, Bonn: 511. Besonders betroffen sind auch Fremdenverkehrsorte. So
hat zum Beispiel Eichstätt alle 47 Fernverkehrshalte pro Woche
verloren.
Wiesbaden, Ingolstadt, Montabaur und Speyer zählen dagegen zu den
Gewinnern von Fernverkehrsanbindungen. Abseits der großen
Hauptverkehrsachsen der Deutschen Bahn fällt die Bilanz jedoch
insgesamt negativ aus: Die Zahl aller Fernverkehrsabfahrten pro Woche
fiel an den 368 untersuchten Bahnhöfen, die nicht an den
Hauptstrecken liegen, in den vergangenen 13 Jahren von 38.027 auf
20.596 (Das ist ein Minus von 46 Prozent).
Der Deutsche Städtetag kommentierte die von "Report Mainz"
präsentierte Statistik wie folgt: "Nach diesen Angaben wurde das
Angebot im Fernverkehr für 17 Millionen Einwohner im Zeitraum von
1996 bis 2012 fast halbiert. Durch diese Verschlechterungen werden
die Standortqualität und die wirtschaftlichen Chancen der betroffenen
Städte gefährdet. Geboten wäre das Gegenteil, nämlich alle
Oberzentren und die größeren Mittelzentren an das Fernverkehrsnetz
anzubinden. Nach unserer Einschätzung ist der Bund dazu auch
verfassungsrechtlich verpflichtet."
Auch wichtige internationale Fernverkehrsverbindungen wurden von
der Deutschen Bahn ausgedünnt, so zum Beispiel Trier-Luxembourg. Die
Verbindung München-Prag strich die Deutsche Bahn mit dem letzten
Fahrplanwechsel im Dezember 2011 vollständig. Seither bietet die Bahn
keine Direktverbindung mehr nach Prag an. Das bayerische
Verkehrsministerium erklärte dazu auf Anfrage von "Report Mainz":
"Obwohl die für den Fernverkehr wichtige Elektrifizierung der
Strecken Nürnberg-Marktredwitz-Hof und Marktredwitz-Tschechien seit
1995 als vordringlicher Bedarf im Bundesverkehrswegeplan stehen, hat
der Bund bislang noch keine Mittel für die Planung bereit gestellt.
Ein Datum, wann der Ausbau endlich fertig werden soll, kann der Bund
bis heute nicht nennen. Schneller ging es dafür mit der parallel
verlaufenden Autobahn A6, die inzwischen von Nürnberg nach Prag
durchgehend befahrbar ist. Dort verkehrt seit 2009 ein von
DB-Fernverkehr betriebener Schnellbus, der den vom Freistaat
ersatzweise bestellten Zügen Konkurrenz macht und die Direktfahrgäste
Nürnberg-Prag mit kürzeren Reisezeiten lockt (Bus: 3 h 30 min, Zug: 4
h 45 min). Unterwegshalte bedient der Bus nicht, und so müssen sich
beispielsweise die Touristen ins Böhmische Bäderdreieck (Karlsbad,
Marienbad), die vorher direkte Fernzüge nutzen konnten, mit
Regionalzügen, mehrfachem Umsteigen und langen Wartezeiten
herumschlagen."
"Report Mainz" legte die Statistik zur Entwicklung des
Fernverkehrs auch der Deutschen Bahn AG zur Bewertung vor. Ein
Sprecher teilte "Report Mainz" dazu mit: "Generell gilt festzuhalten,
dass es keine Ausdünnung des DB-Fernverkehrsangebots gibt - vielmehr
hat die DB ihre Verkehrsleistung ausgebaut." Die Verkehrsleistung
(beförderte Personen mal gefahrene Kilometer) sei im vergangenen Jahr
um 4,1 Prozent gestiegen. Der Umsatz sei im gleichen Zeitraum um 5,5
Prozent angestiegen.
Weitere Informationen finden Sie auf www.reportmainz.de. Zitate
gegen Quellenangabe frei.
Bei Rückfragen rufen Sie bitte in der Redaktion "Report Mainz" an
unter Tel.: 06131/929-33351.