(ots) - Mainz. Die führenden Gewerkschaftschefs haben im
Interview mit dem ARD-Politikmagazin "Report Mainz" die
Millionengehälter für die Manager von Dax-Unternehmen verteidigt, bei
denen sie im Aufsichtsrat sitzen. Mit Blick auf die übrigen
Unternehmenschefs übten sie jedoch Kritik an der Höhe der
Vorstandsvergütung.
Angesprochen auf das Millionengehalt des Vorsitzenden der
Deutschen Telekom, René Obermann, erklärte der DGB-Vorsitzende
Michael Sommer: "Jeder Fernmeldetechniker bei der Telekom weiß, was
Obermann verdient, der gönnt es ihm auch." Sommer sitzt im
Aufsichtsrat der Telekom und hat der Vergütung zugestimmt. Die Schere
zwischen dem Vorstandsgehalt und dem Verdienst der einfachen
Arbeitnehmer sei bei der Telekom nicht zu weit auseinandergegangen.
Er sagte: "Wir haben im Aufsichtsrat der Telekom dafür gesorgt, mit
langen Debatten zwischen den Anteilseignern und Arbeitgebern, dass
sich das in der Waage hält, die am unteren Ende der deutschen
Industrie liegt. Dazu stehe ich, und meine Kollegen von ver.di haben
das mit ausgehandelt." Allgemein kritisierte er die Höhe der
Managergehälter jedoch scharf: "Mittlerweile ist das so aus dem Ruder
gelaufen, dass die Menschen das nicht mehr verstehen, übrigens auch
nicht mehr akzeptieren. Diese Kaste von Managern meinen bezüglich
ihrer Gehälter und ihres sozialen Seins außerhalb der Gesellschaft zu
stehen."
Ver.di-Chef Frank Bsirske verteidigte das Millionengehalt des
RWE-Vorstandsvorsitzenden Jürgen Großmann. Bsirske sitzt im
Aufsichtsrat des Energiekonzerns. Der Manager müsse das Unternehmen
jetzt für die Energiewende neu aufstellen, deswegen sei die Vergütung
gerechtfertigt: "Das ist ja auch eine Aufgabe, die Managementleistung
erfordert. Und insofern bin ich schon dafür, dass für gute Leistung
auch gute Gehälter gezahlt werden, und das schließt ja auch die
Gehälter von Spitzenmanagern ein - nicht nur die von
Krankenschwestern und von Müllwerkern." Mit Blick auf die
Schwierigkeiten, in denen das Unternehmen steckt, sagte Bsirske, er
habe im Aufsichtsrat in der Vergangenheit eine zweimalige Kürzung des
Gehalts von RWE-Chef Großmann durchgesetzt. Im Übrigen handle es sich
um bestehende Verträge, in die jetzt nicht eingegriffen werden könne.
Allgemein hingegen wandte sich Bsirske gegen die aus seiner Sicht
überzogenen Managergehälter und forderte in diesem Zusammenhang eine
höhere Besteuerung: "Es steht in keinem Verhältnis zur Leistung der
Manager, dass Manager das 200-Fache des Durchschnittsverdieners
bekommen. Das ist die Rückkehr zu einer Kultur der Maßlosigkeit, die
uns ja mit in diese Krise getrieben hat und der man entgegentreten
muss."
IG-Metall-Chef Berthold Huber verteidigte im Interview mit "Report
Mainz", dass er dem Vergütungssystem des VW-Vorsitzenden Martin
Winterkorn im VW-Aufsichtsrat zugestimmt habe. Auf die Frage, ob es
ein Fehler gewesen sei, diesem Vergütungssystem zuzustimmen, sagte
er: "Nein." Es sei richtig gewesen, die Bezüge von Winterkorn stark
an die Beschäftigungsentwicklung von VW zu koppeln. Er habe zum
Zeitpunkt der Verabschiedung des Vergütungssystems aber nicht absehen
können, dass Winterkorn so erfolgreich sein würde. Wörtlich sagte
Huber: "Ich gebe zu, ich bin nicht in der Lage, auf Punkt und Komma
diese Ergebnisse vorherzusehen, sorry. Das kann kein Mensch." Auf die
Frage von "Report Mainz", ob Winterkorns Gehalt von 17,5 Mio. Euro
angemessen sei, sagte Huber: "Im System ist dieser Vertrag in
Ordnung, aber ich bin persönlich der Meinung, und das ist
IG-Metall-Meinung an der Stelle, dass es zu hoch ist, keine Frage."
Er bekräftigte, dass er nun für eine Kappung der Vergütung von
VW-Chef Martin Winterkorn eintritt.
Michael Vassiliadis, Vorsitzender der IG BCE, verteidigte im
Interview mit "Report Mainz" die Gesamtbezüge der Manager von Henkel
und BASF, bei denen er im Aufsichtsrat sitzt. Er sagte: "Also in
diesem Fall sind die 5 Millionen angemessen, das kann ich
beurteilen." Mit Blick auf die Entwicklung der Managergehälter
allgemein sagte er: "Ich glaube, dass das Grenzen haben muss und dass
sich in den letzten Jahren eine Entwicklung deutlich gemacht hat, die
nicht richtig ist. Dass die Schere immer weiter auseinandergeht, das
finde ich nicht richtig. Das heißt aber für mich, dass wir
Nachholbedarf bei den anderen haben."
"Report Mainz" berichtet, dass der Bundestag bereits 2009 mit dem
"Gesetz zur Angemessenheit der Vorstandsvergütung (VorstAG)" den
Gehaltsexzessen von Managern einen Riegel vorschieben wollte. Seitdem
muss der gesamte Aufsichtsrat eines Unternehmens, also auch alle
Arbeitnehmervertreter, über die Vorstandsvergütung entscheiden und
dafür haften. Nach der Wirkung des Gesetzes gefragt, mussten
Politiker von CDU und SPD einräumen, das Gesetz sei offensichtlich
ohne Folgen geblieben. Der Bundestagsabgeordnete Willi Zylajew (CDU)
sagte: "Das war zu dem Zeitpunkt, als wir es verabschiedet haben,
eine vernünftige Überlegung. Das hat sich nur nachher als Placebo
erwiesen." Ottmar Schreiner, SPD-Bundestagsabgeordneter, sagte: "Das
Gesetz funktioniert offenkundig nicht, und die beabsichtigte Wirkung
ist nicht eingetreten, also wird man sich etwas Neues einfallen
lassen müssen."
Weitere Informationen finden Sie auf www.reportmainz.de. Zitate
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