(ots) - Die Kirche muss Mitgefühl auch mit Stasi-Spitzeln
entwickeln. Dafür hat sich die mitteldeutsche Bischöfin Ilse
Junkermann ausgesprochen. Auch ein Täter sei nach christlichem
Verständnis "mehr als die Summe seiner Taten", sagte sie der
ZEIT-Beilage "Christ & Welt". Es falle nicht leicht, diesen Gedanken
angesichts von schwerem Unrecht durchzuhalten. Doch seien Christen
hier gefordert. Wenig berücksichtigt sei bisher auch die Beobachtung,
"dass manche Täter, etwa viele inoffizielle Mitarbeiter, erst einmal
zu Opfern gemacht worden sind und dann erpresst wurden".
Zugleich kündigte die Bischöfin eine neue Initiative zur
Aufarbeitung des DDR-Unrechts an. In ihrer Kirche werde eine Gruppe
Vorschläge erarbeiten, welche zusätzlichen Schritte zur Aufdeckung
und Verarbeitung von Unrecht nötig seien. Viele Täter stünden bis
heute nicht zu ihrem Handeln, solange es ihnen nicht nachgewiesen
werde. Neue Aktenfunde ließen dabei weitere Erkenntnisse erwarten,
erklärte die Bischöfin, die bis 2009 als Oberkirchenrätin in
Stuttgart tätig war.
Die Kirche, so Junkermann, wolle auch danach fragen, welches
Unrecht Menschen auch durch Kirchenleitungsmitglieder zugefügt wurde,
die mit der Stasi zusammengearbeitet haben. Der frühere Leiter des
Kirchenamtes in Magdeburg, Detlef Hammer, war nach seinem Tod 1991
als Offizier der Stasi überführt worden. Sein Fall gilt neben dem des
Devisenbeschaffers Alexander Schalck-Golodkowski als einer der
dramatischsten Spionagefälle im Geheimdienst der DDR. Wie die
Bischöfin sagte, habe in Situationen wie seiner das innerkirchliche
Sicherungssystem gegen die Stasi versagt. Sie räumte ein, dass die
Aufarbeitung in der Bevölkerung auf Widerstand stößt. Bis in die
Kirche hinein herrsche Ãœberdruss an diesem Thema. Doch werde
Schweigen weder den Opfern noch den Tätern gerecht.
Pressekontakt:
"Christ & Welt" in der ZEIT - die Wochenzeitung für Glaube, Geist und
Gesellschaft: www.christundwelt.de. Das komplette Interview dieser
Meldung senden wir Ihnen für Zitierungen gern zu. Bei Rückfragen
wenden Sie sich bitte an DIE ZEIT Unternehmenskommunikation und
Veranstaltungen (Tel.: 040/3280-237, Fax: 040/3280-558, E-Mail:
presse(at)zeit.de). Diese Presse-Vorabmeldung finden Sie auch unter
www.zeit.de/vorabmeldungen.