PresseKat - BGH: Bankkunde haftet für fahrlässige Preisgabe von TAN-Nummern

BGH: Bankkunde haftet für fahrlässige Preisgabe von TAN-Nummern

ID: 632949

Ein Bankkunde haftet für die fahrlässige Preisgabe von TAN-Nummern bei einem sogenannten Pharming-Angriff und die hierdurch von einem betrügerischen Dritten verursachten Schäden.

(firmenpresse) - In dem unlängst ergangenen Urteil des Bundesgerichtshofs war zu entscheiden, unter welchen Voraussetzungen sich ein Bankkunde beim Online-Banking bei einem sogenannten Pharming-Angriff schadensersatzpflichtig macht. Der Bankkunde nahm die beklagte Bank auf Rückzahlung einer über das Online-Banking ausgeführten Überweisung in Höhe von 5.000 € in Anspruch. Der Kläger unterhält bei der Beklagten ein Girokonto und nimmt seit 2001 am Online-Banking teil. Für Überweisungsaufträge verwendet die beklagte Bank das sog. iTAN-Verfahren, bei dem der Nutzer nach Erhalt des Zugangs durch Eingabe einer korrekten persönlichen Identifikationsnummer (PIN) dazu aufgefordert wird, eine bestimmte, durch eine Positionsnummer gekennzeichnete (indizierte) Transaktionsnummer (TAN) aus einer ihm vorher zur Verfügung gestellten, durchnummerierten TAN-Liste einzugeben.

In der Mitte der Log-In-Seite des Online-Bankings der Beklagten befand sich folgender Hinweis:

"Derzeit sind vermehrt Schadprogramme und sogenannte Phishing-Mails in Umlauf, die Sie auffordern, mehrere Transaktionsnummern oder gar Kreditkartendaten in ein Formular einzugeben. Wir fordern Sie niemals auf, mehrere TAN gleichzeitig preiszugeben! Auch werden wir Sie niemals per E-Mail zu einer Anmeldung im … Net-Banking auffordern!"

Am 26. Januar 2009 wurde vom Girokonto des Klägers nach Eingabe seiner PIN und einer korrekten TAN ein Betrag von 5.000 € auf ein Konto bei einer griechischen Bank überwiesen. Der Kläger bestritt, diese Überweisung veranlasst zu haben und erstattete am 29. Januar 2009 Strafanzeige, welche wie folgt protokolliert wurde:

"Im Oktober 2008 - das genaue Datum weiß ich nicht mehr - wollte ich ins Onlinebanking. Ich habe das Onlinebanking der … Bank angeklickt. Die Maske hat sich wie gewohnt aufgemacht. Danach kam der Hinweis, dass ich im Moment keinen Zugriff auf Onlinebanking der ... Bank hätte. Danach kam eine Anweisung zehn Tan-Nummern einzugeben. Die Felder waren nicht von 1 bis 10 durchnummeriert, sondern kreuz und quer. Ich habe dann auch die geforderten Tan-Nummern, die ich schon von der Bank hatte, in die Felder chronologisch eingetragen. Danach erhielt ich dann Zugriff auf mein Onlinebanking. Ich habe dann unter Verwendung einer anderen Tan-Nummer eine Überweisung getätigt."





Das Ermittlungsverfahren wurde eingestellt, da ein Täter nicht ermittelt werden konnte. Die Klage auf Zahlung von 5.000 € nebst Zinsen und vorgerichtlichen Kosten ist in den Vorinstanzen erfolglos geblieben. Der Bundesgerichtshof hat die vom Berufungsgericht zugelassene Revision wegen Unbegründetheit der Klage zurückgewiesen.

Auch wenn der Kläger die Überweisung der 5.000 € nicht veranlasst hat, sei ein Anspruch auf Auszahlung dieses Betrages erloschen, weil die Beklagte mit einem Schadensersatzanspruch in gleicher Höhe gemäß § 280 Abs. 1 BGB aufgerechnet habe.

Nach dem in der Strafanzeige vorgetragenen Sachverhalt sei der Kläger Opfer eines sogenannten Pharming-Angriffs geworden, bei dem der korrekte Aufruf der Website der Bank technisch in den Aufruf einer betrügerischen Seite umgeleitet werde. Die dann so erlangte TAN sei von dem betrügerischen Dritten unbefugt genutzt worden, den Überweisungsauftrag zu erteilen. Der Kläger habe die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht gelassen, indem er trotz des ausdrücklichen Warnhinweises der Bank gleichzeitig mehrere TAN eingegeben hat und sich dadurch schadensersatzpflichtig gemacht habe. Für die Haftung reiche vorliegend einfache Fahrlässigkeit aus, weil § 675v Abs. 2 BGB, der eine unbegrenzte Haftung des Kunden bei missbräuchlicher Nutzung eines Zahlungsauthentifizierungsinstruments nur bei Vorsatz und grober Fahrlässigkeit vorsieht, erst am 31. Oktober 2009 in Kraft getreten ist.

Auch ein Mitverschulden der beklagten Bank komme nicht in Betracht. Die Bank sei mit dem Einsatz des im Jahr 2008 dem Stand der Technik entsprechenden iTAN-Verfahrens ihrer Pflicht zur Bereitstellung eines möglichst wenig missbrauchsanfälligen Systems des Online-Banking nachgekommen. Sie habe auch keine Aufklärungs- oder Warnpflichten verletzt. Ob mit der Ausführung der Überweisung der Kreditrahmen des Kunden überschritten wurde, sei unerheblich, weil Kreditinstitute grundsätzlich keine Schutzpflicht haben, Kontoüberziehungen ihrer Kunden zu vermeiden. Ferner sei zwischen den Parteien kein bestimmter Verfügungsrahmen für die einzelne Transaktion vereinbart worden.

BGH, Urteil vom 24. April 2012 - XI ZR 96/11

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Datum: 07.05.2012 - 19:51 Uhr
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Versandart: Veröffentlichung
Freigabedatum: 07.05.2012

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