(ots) - In der evangelischen Himmelfahrtskirche auf dem
Jerusalemer Ölberg stand gestern ein evangelischer Pfarrer und rief
zum Frieden auf. Das ist nichts Ungewöhnliches, denn in der
Himmelfahrtskirche von Jerusalem sprechen öfter evangelische Pfarrer,
und sie sprechen auch öfter deutsch. Und in der Regel rufen sie zum
Frieden auf, sonst wären sie schlechte Theologen. Nun war dieser Mann
aber der deutsche Bundespräsident, und er wählte seine Worte am Ende
eines langen Staatsbesuchs. Er wählte sie als Bilanz einer Visite,
die ihn zur Gedenkstätte der Shoah führte, die ihn mit dem
Staatspräsidenten und Friedensnobelpreisträger Shimon Peres
zusammenbrachte wie auch mit dem Regierungschef Benjamin Netanjahu.
Sie führte ihn gestern ins Westjordanland zu einer Mädchenschule, sie
führte ihn zum Palästinenserpräsidenten Mahmud Abbas, zu dessen
Regierungschef Salam Fajad. Und immer traf Joachim Gauck, um den es
hier geht, den richtigen Ton. Einen einfühlsamen Ton, der Sympathie
mit der Not der Palästinenser, aber auch Solidarität mit den
Existenzängsten der Israelis spüren ließ, die Angst vor Raketen und
Angst vor Kriegen und Angst vor Anschlägen und Angst vor ihren
Nachbarn haben. Und dabei selbst, das gehört zur Wahrheit im Nahen
Osten dazu, Angst und Schrecken bei ihren Nachbarn verbreiten. Gauck
hat den Israelis, die derzeit die Stärkeren sind, ins Gewissen
geredet und sie dennoch nicht vor den Kopf gestoßen. Er hat den
Palästinensern Mut gemacht, nicht ohne sie an ihre Hausaufgaben zu
erinnern: Sie müssen auch etwas gegen Radikalisierung und Fanatismus
unternehmen, und zwar am besten mit Bildung. Man staunt, mit welch
traumwandlerischer Sicherheit dieser Pfarrer aus Rostock seine
Aufgabe bewältigt. Man zieht den Hut vor seiner Trittsicherheit und
sprachlichen Originalität. Spätestens jetzt fühlt man sich wohl, von
diesem Bundespräsidenten vertreten zu werden.
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