(ots) - Jetzt haben wir endlich Klarheit. Nachdem der von
Springer gestürzte Ex-Bundespräsident Christian Wulff zur Verwirrung
vieler Deutscher erklärt hatte, dass der Islam durchaus zu diesem
Land gehöre, erfolgte nun die Richtigstellung durch seinen
Nachfolger, den ehemaligen Pfarrer Joachim Gauck. Der Rostocker räumt
zwar ein, dass Muslime in Deutschland leben und deshalb wohl auch
hierher gehören, ihre Religion jedoch nicht. Denn den Islam, so
Gauck, hätten Reformation und Aufklärung bis heute kaum erreicht.
Diese Aussage ist gleich in mehrerer Hinsicht falsch: Zum einen gab
und gibt es durchaus reformatorische Bewegungen im Islam. Der
Theologe Gauck müsste zudem in seinem Studium gelernt haben, dass
viele der griechischen und römischen Klassiker, die Aufklärung und
Reformation erst inspirierten, für das christliche Abendland
eigentlich längst verloren waren. Die Kirche legte jahrhundertelang
keinen Wert auf antike Denker. Erst der Wissenstransfer aus der
islamischen Welt sorgte für eine Wiederentdeckung der Klassiker im
Mittelalter. Damit wurden die geistigen Grundlagen für unser
»abendländisches Weltbild« gelegt. Was aber noch schwerer wiegt, ist
Gaucks Behauptung, dass der Islam nicht zu Deutschland gehöre.
Natürlich tut er das. Genauso wie Judentum, Buddhismus, Hinduismus
und das Recht, an keinen Gott zu glauben. Eine der großen
Errungenschaften der Aufklärung, die Gauck hier zur Rechtfertigung
heranzieht, ist doch die strikte Trennung von Kirche und Staat. Die
Bundesrepublik ist, auch wenn viele das nicht wahrhaben wollen, ein
Einwanderungsland. Viele Migranten bringen ihren Glauben mit und
praktizieren ihn teilweise auch in der zweiten oder dritten
Einwanderergeneration. Damit sich niemand von diesem Staat
diskriminiert fühlt, muss er streng säkular verfasst sein. Glauben
ist Privatsache: An diese Maxime sollten sich auch Vertreter
christlicher Kirchen halten. Die Bundesrepublik sollte sich endlich
vollständig säkularisieren. Vielleicht ist es Zeit für eine
grundlegende Debatte über Religion im öffentlichen Raum.
Kirchenvertreter haben in den Kontrollgremien öffentlich-rechtlicher
Medien ebenso wenig zu suchen wie ehemalige christliche Prediger an
der Spitze des Staates.
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