(ots) - Von Sören Sgries
Für den Neuanfang in Ägypten ist dieses Doppelurteil des
Verfassungsgerichts eine kleine Katastrophe. Die Illusion, dass eine
echte Demokratie auf absehbare Zeit möglich ist, zerbricht. Selbst
wenn die beiden Entscheidungen inhaltlich gerechtfertigt sein
sollten: Es bleibt allein der Eindruck, dass der noch immer
allmächtige Oberste Militärrat seine Finger im Spiel hatte und ein
Parlament aushebeln wollte, in dem die Muslimbrüder zu viel Einfluss
bekommen hatten. Es war erneut ein Putsch - wenn auch einer auf
Umwegen. Ohne Parlament wird sich der neue Präsident allein auf die
Machthaber in Uniform stützen müssen. Auch der Verfassungsrat dürfte
von den Generälen besetzt werden. Die Hoffnungen auf ein ziviles
Ägypten sind damit vorerst zerschlagen. Doch es kann noch schlimmer
kommen: Wenn in den kommenden Tagen Straßenschlachten zwischen
enttäuschten Muslimbrüdern und Regimeanhängern ausbrechen, könnte
sich die Armee berufen fühlen, einzugreifen. Hat dann eine Mehrheit
das Gefühl, dass die Alternative zum Militärstaat nicht die
Demokratie, sondern das Chaos ist, wird das weitreichende
Konsequenzen haben. Die Opfer der Revolution wären dann vergeblich
gewesen. Einen neuen Aufbruch dürfte es so schnell nicht geben.
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