(ots) - Der ehemalige Chefvolkswirt der Europäischen
Zentralbank, Otmar Issing, warnte auf dem 113. Verbandstag der
bayerischen Genossenschaften vor einer europäischen
Haftungsgemeinschaft. Weder die Zentralbank noch andere
Mitgliedsstaaten dürften für die Schulden einzelner EU-Mitglieder
haften. In diesem Sinn kritisierte er die aktuell diskutierten
Instrumente zur Lösung der Eurokrise. Denn Eurobonds,
Schuldentilgungsfonds sowie eine Fiskal- und Bankenunion ohne das
Rahmenwerk einer Politischen Union hätten eines gemein: Sie
bedeuteten die Übernahme der Haftung für Schulden und fehlerhafte
politische Entscheidungen von Krisenstaaten durch diejenigen Staaten,
die solide gewirtschaftet haben. Für Deutschland würde das
unweigerlich den Verlust seines Triple-A-Ratings und höhere
Zinszahlungen bedeuten. Zudem erteilte Issing einer Europäisierung
der Einlagensicherung eine klare Absage. Denn dies entspräche der
Enteignung deutscher Sparer.
Auch Stephan Götzl, Präsident des Genossenschaftsverbands Bayern,
kritisierte in seiner Grundsatzrede das politische Handeln auf
europäischer Ebene: "Die Lösungsvorschläge für eine stabilere
Währungsunion stehen den Prinzipien entgegen, auf denen die
Europäische Union gegründet wurde." An die Politik gerichtet forderte
er deshalb bei der Gestaltung der Regeln des Euroraums eine
Rückbesinnung auf die gemeinsamen Werte: "Vor allem Subsidiarität,
Solidarität, Demokratie und nicht zuletzt Freiheit müssen als Maßstab
angelegt werden, um die gegenwärtige Krise zu meistern." So gebiete
das Prinzip der Subsidiarität den Mitgliedsstaaten, zuerst eigene
politische Anstrengungen zu strukturellen Reformen zu unternehmen und
erst dann die Solidarität anderer Staaten einzufordern. Zugleich
biete Subsidiarität einen wichtigen Schutz gegen Uniformität. Götzl:
"Bei allem, was jetzt politisch getan wird, geht es auch darum, die
Vielfältigkeit Europas zu erhalten. Die Stärke Europas steckt in der
Vielfalt seiner Ideen."
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