(ots) - Der türkischen Führung kommt der Anlass offenbar
sehr gelegen, um den Konflikt zuzuspitzen. Nachdem Syrien seine
Schuld eingeräumt hat, wäre jetzt ein Dialog denkbar - allein, die
Art und die Sprache des türkischen Ministerpräsidenten lassen ein
Interesse Erdogans daran nicht vermuten. Der starke Mann in Ankara
machte bisher kein Geheimnis daraus, dass er lieber heute als morgen
eine offene Intervention gegen Syrien will. Dafür lässt er
regierungsfeindliche Kämpfer und Waffen über die gemeinsame Grenze
und stellt ihnen die Türkei als Rückzugsgebiet zur Verfügung. So war
es nur eine Frage der Zeit, wann es an der Grenze knallen würde. Das
entschuldigt nichts an dem tödlichen syrischen Schuss über die
türkische Grenze. Es illustriert aber das schwer erträgliche Maß an
Heuchelei in Erdogans Empörung. Was immer man von dem Regime in
Syrien halten mag - es ist die Türkei, die die territoriale
Integrität ihres südlichen Nachbarn seit über einem Jahr permanent in
Frage stellt. Schon der Abschuss des türkischen Kampfflugzeugs vor
Syrien im Juni hatte das Potenzial, einen Waffengang auszulösen, wenn
es nach Erdogan gegangen wäre. Wenn es nicht dazu kam, so deshalb,
weil er diesen Krieg ohne die Partner in der NATO nicht führen
konnte. Die aber waren klug genug, dem »Bündnisfall«, den ihr die
Türkei aufdrängen wollte, aus dem Wege zu gehen. Dieses Stück
Vernunft aufzubringen, wäre den NATO-Granden auch diesmal zu
wünschen.
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