(ots) - In der Fußballsprache würde man sagen: Angela
Merkel geht da hin, wo es wehtut. Bei ihrem Besuch in Athen ist die
Bundeskanzlerin von brennenden Deutschland-Fahnen und Schildern mit
Hakenkreuz-Symbolen empfangen worden. Ihr schlug der Hass und die Wut
mit voller Wucht entgehen, auch wenn sie selbst davon nicht viel
mitbekommen hat. Teile Athens waren vor lauter
Sicherheitssperrbezirken menschenleer. Obwohl die Demonstrationen
heftig und die Gespräche schwierig waren, hat Angela Merkel ihre
mutige Mission gut gemeistert. Es war die erste Athen-Reise der
Kanzlerin seit Beginn der Staatsschuldenkrise. Auch wenn er spät kam,
so hat der Besuch doch eines gezeigt: Die Rettung Griechenlands ist
und bleibt eine Mammutaufgabe, die nicht von heute auf morgen zu
bewältigen ist. Es wird Jahre, vielleicht sogar Jahrzehnte brauchen,
damit das Land wieder auf die Beine kommt. Daran werden auch die
Mini-Geschenke der Bundeskanzlerin nichts ändern, die sie dabei
hatte. Merkels Mitbringsel führen uns die Probleme Griechenlands
drastisch vor Augen. Während massiv gespart werden muss, ist
gleichzeitig der Aufbau der Verwaltungsstrukturen dringend nötig.
Unvorstellbarerweise gibt es so etwas wie funktionierende Ämter in
Rathäusern dort immer noch nicht. Im übertragenen Sinne wäre das so,
als wenn Deutschland die Hartz-Reformen umsetzen müsste, ohne über
Arbeitsagenturen zu verfügen. Die Reformen in der Verwaltung und dem
Gesundheitswesen kommen - wenn überhaupt - nur langsam voran. Somit
ist es richtig, den Griechen deutsches Know-how und damit verbunden
30 Millionen Euro aus EU-Mitteln zur Verfügung zu stellen, damit es
endlich voran geht. Merkel ist der Spagat gelungen. Sie hat Druck
gemacht, damit die Griechen ihre Spar- und Reformzusagen bis zum
EU-Gipfel am 18. Oktober einhalten. Sonst gibt's kein Geld.
Gleichzeitig trat sie nicht als besserwisserische Oberlehrerin auf.
Ganz nebenbei: Ob Peer Steinbrück dieses diplomatische Feingefühl
ebenso hätte, darf bezweifelt werden. Merkel ist Staatsfrau genug.
Und sie weiß am besten, wie sehr das Ansehen Deutschlands und ihr
eigenes Renommee gelitten haben. Ihr Ruf ist in Spanien, Italien,
Portugal und Irland ramponiert. Doch das schreckt sie nicht ab. Im
Gegenteil: Sie tut das, was sie für notwendig und richtig hält. Nicht
nur die Rettung Europas insgesamt, sondern ein Griechenland-Besuch
als Signal gehört dazu. Auch deshalb, weil ihr eigenes Schicksal
mittlerweile von den Griechen abhängt. Scheitert der Euro, scheitert
Europa. Scheitert Griechenland, scheitert Merkel. Zumindest für die
Kanzlerin ist die Rettung alternativlos. Doch sie wird ein Kraftakt
über Jahre sein und noch teurer werden. Für Griechenland gibt es
ohnehin keinen anderen Ausweg. Ohne Euro, ohne den Staatenverbund und
ohne Spar- und Wachstumskurs wird Athen zur Geisterstadt - nicht nur,
wenn Angela Merkel kommt.
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