(ots) - Was Angela Merkel gestern in Athen erlebt hat,
zumindest, wenn ihr ein Blick über die Polizeisperren hinweg vergönnt
gewesen sein sollte, war die Probe auf den Wahrheitsgehalt ihres
Mantras: Scheitert der Euro, scheitert Europa? Der Empfang, den ihr
eine umfangreiche Demonstrantenmenge jetzt bereitet hat, legt eine
ketzerische Gegenfrage nahe: Müssen wir auf das Scheitern des Euro
überhaupt noch warten? Dass ein deutscher Regierungschef in einer
europäischen Hauptstadt mit geschwungenen Hakenkreuzfahnen und
Hassparolen begrüßt wird, das jedenfalls war in dem Europa, an das
wir uns gewöhnt haben, seit langem nicht mehr üblich. Nein, eine
"Freundin des Landes", wie der griechische Kollege sie netterweise
titulierte, ist die Kanzlerin für jene, die in Athen auf der Straße
waren, gewiss nicht. Viel eher die böse Fee, unter deren Fluch das
Hellenenvolk gebeugt geht. Dabei hat sie sich alle Mühe gegeben, sich
als gute Fee zu präsentieren. Die Reformleistungen der Griechen
gelobt, weitere deutsche Hilfsbereitschaft zugesagt und vor allem den
Wunsch geäußert, Griechenland möge Mitglied im Euro-Club bleiben.
Seinerseits hat der Gastgeber beteuert, er verlange weder mehr Geld
noch besondere Zugeständnisse. Das eine Bekenntnis so überzeugend wie
das andere. Für jene auf der Straße ist Merkel die machtvolle
Europa-Tyrannin. In Wahrheit eine Gefangene nicht anders als ihr
Gastgeber. Der handelt unter dem Zwang, seinem Volk Unzumutbares
zuzumuten. Sie in der Furcht vor dem großen Kladderadatsch, sollten
die Griechen aus der Euro-Zone kippen. Da ist der Gedanke nicht fern,
Europa könnte im Begriff sein, zu scheitern. Am Euro.
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