(ots) - Als unmittelbar vor der USA-Präsidentenwahl ein
Interviewpartner in dieser Zeitung kaum ein gutes Haar am Amtsinhaber
gelassen hatte, fragte ein kluger Kopf anschließend in der
Redaktionssitzung, ob wir denn lieber einen neuen Bush wollten. Das
Dilemma kannten viele Obama-Wähler in den Vereinigten Staaten, auch
so mancher linke Sympathisant hierzulande. Der große Hoffnungsträger
für den gesellschaftlichen Wandel in »Gottes eigenem Land« war in
vier Jahren nicht erfüllter Versprechungen und Visionen zum kleineren
Übel geschrumpft. Und doch konnte man gestern in vielen Hauptstädten
die große Erleichterung darüber spüren, dass nicht ein Konservativer
mit irritierender Weltsicht, der offensichtlich mehr auf Militärmacht
als auf Diplomatie setzen wollte, ins Weiße Haus einziehen wird.
Hoffnung 2.0, wenn man so will. Aber ist sie berechtigt? Nach seiner
Wiederwahl stellt sich da vor allem die Frage, wann Obama endlich
seiner Ehrung als Friedensnobelpreisträger gerecht werden will.
Bleibt er der »Schattenkrieger«, der mit dem massiven Ausbau und dem
Einsatz seiner Drohnenflotte Völkerrecht verletzt? Wird er den Krieg
in Afghanistan unter anderem Namen fortsetzen? Greift er am Ende doch
zur Gewalt, um das iranische Atomprogramm zu stoppen? Wie ernst meint
es der Präsident mit der Zwei-Staaten-Lösung im
israelisch-palästinensischen Konflikt? Wo bleibt seine Initiative zur
politischen Lösung für den Bürgerkrieg in Syrien? Schonung kann
Barack Obama in seiner zweiten Amtszeit nicht erwarten.
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