(ots) - Kairo taumelt von einer Krise in die nächste. Die
Opposition läuft Sturm gegen den Verfassungsentwurf des von der
Muslimbruderschaft dominierten Gremiums. Zwar bilden die
Demonstranten den aktiven Teil der ägyptischen Gesellschaft ab: die
Mittelschicht der Großstädte, deren Jugend und alle anderen Gruppen,
die das noch frische Gefühl des Gewinns an Demokratie und Pluralismus
zugunsten einer Islamisierung der Gesellschaft schon wieder
verschwinden sehen. Die Mehrheit im Lande repräsentieren sie damit
dennoch nicht. Bei einem Referendum über diese Verfassung ist zu
erwarten, dass sie auch ohne übliche Wählerbeeinflussung aus den
Moscheen und sonstige Winkelzüge der Muslimbrüder eine sichere
Mehrheit findet. Die städtischen Gegner der Muslimbrüder im
Verfassungskomitee hatten es diesen zusätzlich leicht gemacht, als
sie sich, ernüchtert über ihre Minderheit, frühzeitig in den
Schmollwinkel zurückzogen. Allerdings laufen Präsident Mursi und die
Muslimbruderschaft Gefahr, damit einen Pyrrhussieg in die Scheuer zu
fahren. Mehrheit hin oder her: Bereits jetzt befinden sich die
ökonomische Daten Ägyptens im Sinkflug. Eine fortdauernde
Konfrontation auf der Straße wird dies nur noch beschleunigen. Es
käme also auf einen behutsamen und dennoch zügigen
Interessenausgleich an, woran alle Seiten interessiert sein sollten.
Die vagen Andeutungen Mursis, der »Feind« stehe irgendwo im Ausland,
deuten nicht darauf hin, dass diese Erkenntnis bereits da ist.
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