(ots) -
9000 Polizisten zum Teil mit gepanzerten
Fahrzeugen im Einsatz auf den Straßen von Boston. Die Schulen sind
geschlossen, der öffentliche Nahverkehr wird eingestellt, der
Luftraum ist gesperrt. Ein 19-Jähriger aus Tschetschenien, der seit
mehr als einem Jahr in den USA lebt, ist tot. Was sich in Boston
zugetragen hat, ist die volle Wucht eines Staates, der Stärke
beweisen und keine Fehler machen will. Die amerikanischen
Sicherheitsbehörden wollen nichts dem Zufall überlassen. Zu tief
sitzt offenbar die Angst vor weiteren Opfern. Dass dabei tatsächlich
die Richtigen, nämlich die Attentäter des Boston-Marathons, gejagt
werden, ist wahrscheinlich - sicher ist es zu diesem Zeitpunkt
nicht.
Dabei hatte Amerika nach dem Schock des feigen
Anschlags auf den Boston-Marathon absolut ruhig und besonnen
reagiert. Obwohl Präsident Obama am Tag nach dem abscheulichten
Attentat von einer "terroristischen Tat" spricht, bleibt die Politik
gelassen. Statt hysterischer Schuldzuweisungen und Vermutungen
verzichtet Amerika darauf, die üblichen Feindbilder zu bedienen.
Unaufgeregt, souverän und unerschütterlich reagiert ein Land, das
selbstverständlich an der nationalen Seele getroffen ist. Denn die
City von Boston, mit der die amerikanische Revolution von 1776
verbunden ist, steht für den amerikanischen Unabhängigkeits- und
Freiheitsbegriff.
Vor diesem Hintergrund ist es nicht ganz
überraschend, dass sich die tiefe Verletztheit des Landes während der
nervenaufreibenden Verfolgungsjagd entlädt. Nun wird es darum gehen,
die Hintergründe und Motivlage der Tatverdächtigen zu ermitteln, zu
beleuchten und rechtsstaatlich zu bewerten. Die Welt schaut dabei
genau auf Amerika.