(ots) - Der Historiker Carlo Gentile zeigte sich im
Gespräch mit der Tageszeitung "neues deutschland" (Donnerstagausgabe)
überrascht über die Entscheidung der Stuttgarter
Generalstaatsanwaltschaft, keine neuen Ermittlungen im Fall des
NS-Massakers in Sant'Anna di Stazzema einzuleiten. In einem
Gutachten, das er für eine Beschwerde gegen die Einstellungsverfügung
aus Oktober letzten Jahres anfertigte, habe er viele Versäumnisse und
Fehler aufgeklärt. Ihn wundere, so Gentile, dass das Verfahren nicht
wiedereröffnet wird, ist dies doch die niedrigste Hürde. "Die
Wiederaufnhame von Ermittlungen sagt noch nichts über eine
Möglichkeit einer konkreten Anklageerhebung aus." Laut Gentile seien
erneut wichtige Aspekte nicht berücksichtigt worden, etwa dass die
gleiche Einheit der Panzergrenadierdivision "Reichsführer SS", die am
12. August 1944 in dem toskanischen Bergdorf Sant'Anna di Stazzema
560 Zivilisten getötet hat, vier Tage zuvor bei einem Kampf gegen
Partisanen in unmittelbarer Nähe Verluste erlitt. Es sei naheliegend,
dass Rachegefühle das Verhalten der Truppen beeinflusst haben. Anders
als die Generalstaatsanwaltschaft Stuttgart ist Gentile überzeugt,
dass das Massaker geplant war. Ein weiteres Problem liege in
ungenauen früheren Befragungen, die nun, da viele mutmaßliche Täter
bereits tot sind, nicht wiederholt werden können. Ihm gehe es aber in
erster Linie nicht um die Bestrafung der Täter. "Wichtig ist, dass
man der Verantwortung gegenüber den Überlebenden und ihren
Angehörigen gerecht wird", so Gentile.
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