(ots) - Von Sören S. Sgries
Eigentlich kommt kein Politiker am unbequemen Thema
"Menschenrechte" vorbei, wenn es um Begegnungen mit chinesischen
Regierungsvertretern geht. Die Verfolgung Andersdenkender, die
"Umerziehungslager", Tausende Hinrichtungen im Jahr: Es gab und gibt
genug Gründe, die asiatische Supermacht scharf zu kritisieren.
Trotzdem scheint beim Besuch von Ministerpräsident Li Keqiang in
Berlin nichts nebensächlicher zu sein, als dieses Thema. Stattdessen
steht ein anderes "M-Wort" im Fokus: der Markt. Li wird als Vertreter
der Wirtschaftsmacht China hofiert. Zahlreiche Handelsabkommen wurden
unterzeichnet, deutsche Maschinen- und Autobauer wollen weiter auf
dem riesigen chinesischen Markt expandieren. Offen ausgetragenen
Dissens gibt es eigentlich nur in der Frage von Schutzzöllen auf
Solarzellen, die von China aus zu Dumpingpreisen auf den Weltmarkt
geworfen werden - und ein paar Plagiate bereiten kleinere Sorgen. Das
muss nicht gleich heißen, dass die Menschenrechte dem ökonomischen
Kalkül geopfert wurden - es sollte aber aufmerken lassen. Denn
natürlich ist es möglich, dass der Dialog im Stillen effektiver ist,
als die öffentliche Ermahnung und damit auch Demütigung der Chinesen.
Nur: Es darf keinesfalls so weit kommen, dass grundlegende Werte zur
Disposition stehen, damit der Wirtschaftsmotor brummen kann. Doch
diese Gefahr besteht im Umgang mit dem aufstrebenden China.
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