(ots) - Die Moskauer Liberalen vermitteln im Westen nicht
das reale Bild von Russland, sagt der Moskauer Politologe Boris
Kagarlitzki im Interview mit dem "neuen deutschland"
(Mittwochausgabe). Die Rolle des russischen Präsidenten Wladimir
Putin werde durch die Liberalen überhöht, meint Kagarlitzki und
widerspricht dem Eindruck, dass sich die Repressionen gegen
Oppositionelle im ersten Jahr der dritten Amtszeit Putins verschärft
hätten. "Die Anti-Extremismus-Kampagne in Russland läuft schon seit
vier Jahren. Die ganze Zeit über gab es politische Gefangene. Es ging
los unter Präsident Medwedjew und nicht unter Präsident Putin." Der
habe durch den Wechsel vom Regierungs- ins Präsidentenamt sogar
direkte Einwirkungsmöglichkeiten aufgegeben. Viele Entscheidungen
würden nicht von Putin, sondern von einzelnen Beamten getroffen, die
Probleme durch Verhaftung ihrer Opponenten lösen wollten und der
zentralen Macht damit nur Scherereien bereiten. Der linke Politologe
schätzt ein, dass sich die sehr heterogene Protestbewegung erschöpft
habe, glaubt jedoch, "dass sich Russland an der Schwelle schwerer
Erschütterungen befindet, denn die wirtschaftliche Lage wird
schlechter und in der Führung Russlands gibt es keinen Konsens
darüber, wie das Land geführt werden kann". Die Strategie der
russischen Linken müsse sich auf konkrete Bewegungen konzentrieren,
"die nicht ideologisch sind, sondern konkrete soziale Forderungen
haben, die den Menschen verständlich sind".
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