(ots) - Seit ihrer Gründung ist die EU ein permanentes
Konfliktmanagement. Die Streitigkeiten zwischen ihren Mitgliedern um
Landwirtschaftssubventionen oder die Regionalförderung, um staatliche
Beihilfen oder die Zahl aufzunehmender Immigranten sind Legende. Ãœber
Jahrzehnte hat dieser Mechanismus funktioniert: Die Großen setzen
ihre (Wirtschafts)-Interessen durch und stellen die Kleinen, die kaum
eine andere Wahl haben, mit mehr oder weniger großen Vergünstigungen
ruhig. Die EU ist der Rahmen, mit dem in erster Linie das starke
Deutschland den politischen und wirtschaftlichen Kurs diktiert. Das
ist die Regierbarkeit, die Günther Oettinger nun nicht nur in den
südlichen Mitgliedsländern gefährdet sieht - und die eigentliche
Krise der EU. Das System gerät ins Wanken, wenn zu dem Grundübel wie
in den letzten Jahren weitere schwere Verwerfungen kommen und die
Schwächeren den Vorgaben nicht mehr folgen können oder wollen. Ein
Krisentreffen jagt das nächste, ohne dass wirkliche Lösungen gefunden
werden. Da liegt der Ruf nach noch drastischeren Maßnahmen nahe: Das
»Gutmenschentum« solle abgeschafft, der Sozialabbau in allen Ländern
forciert werden, meint der EU-Kommissar. Und Deutschland müsse
endlich europaweit die Zügel anziehen, statt sich mit solchen Fragen
wie Mindestlöhnen zu beschäftigen. Oettingers Vorstoß hilft nicht,
aber er belegt: Die EU ist schlecht, kann aber noch weit schlechter -
sprich neoliberaler - werden. Ein anderes Europa ist Zukunftsmusik.
Heute geht es wohl zuerst darum, die EU vor Oettinger & Co. zu
retten.
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