(ots) - Die Jagd auf Edward Snowden hat sich in ein
globales Versteck-Spiel verwandelt, das die USA zunehmend schlecht
aussehen lässt. Obwohl die Supermacht alles aufbietet, den
NSA-»Whistleblower« in ihre Fänge zu kommen, entzieht sich Snowden
immer wieder geschickt dem Zugriff. Erst in Hongkong, nun in Moskau
und demnächst vielleicht in Ecuador. Hollywood hätte sich kein
besseres Manuskript für einen Spionage-Thriller ausdenken können.
Begleitet wird das peinliche Schauspiel von immer neuen Enthüllungen,
die das Ausmaß der Spähprogramme der »National Security Agency«
deutlich werden lassen. Tatsächlich haben NSA und das britische
Gegenstück GCHQ ein weltumspannendes Netz an Telefon- und
Internet-Ãœberwachung errichtet, das seines gleichen sucht. Der Trick?
US-Amerikaner und Briten dürfen unter ihren Anti-Terrorgesetzen ganz
munter im Ausland Informationen sammeln, die sie anschließend
untereinander austauschen. Dass die Architekten des weltweit größten
Spionagenetzes Snowden nun wegen Verstößen gegen das Spionage-Gesetz
aus dem Ersten Weltkrieg verfolgen, entbehrt nicht der Ironie. Und es
erklärt die klammheimliche Sympathie, mit der viele dem 30-jährigen
IT-Experten die Daumen drücken. Die massive Reaktion auf Snowdens
Indiskretion scheint genauso überzogen wie die Behandlung des
Gefreiten Bradley Manning, der Diplomaten-Texte und Kriegsdokumente
aus Irak und Afghanistan an »Wikileaks« weitergab. Beides zielt
darauf ab, andere potentielle Informanten abzuschrecken. So sehr sich
die US-Regierung darauf berufen kann, legal gehandelt zu haben, so
wenig kann sie bestreiten, die Konsequenzen der Anti-Terrorgesetze
vor der eigenen Bevölkerung versteckt zu haben. Die beiden
US-Senatoren Mark Udall und Ron Wyden versuchten seit Jahren, die
Öffentlichkeit für die Gefahren zu sensibilisieren. Vergeblich. Als
Mitglieder des Kontrollausschusses der Geheimdienste durften sie
nichts sagen, was die Aufmerksamkeitsschwelle der Amerikaner
überschritten hätte. Snowden traf eine andere Entscheidung. Er
tauschte ein bequemes Leben als gutbezahlter IT-Experte gegen den
Stress eines Mannes auf der Flucht. Egal welche Motive ihn dazu
bewegten, Staatsgeheimnisse zu verraten - er löste damit eine
weltweite Diskussion über die Grenzen geheimdienstlicher Macht aus.
Was zu Tage tritt, ist eine Architektur der Ãœberwachung, die sich in
den falschen Händen zu einem gefährlichen Instrumentarium der
Unterdrückung verwandeln kann. Im Zeitalter des Nuklear-Terrorismus
gibt es Argumente, die für die Einschränkung von Bürgerrechten wie
dem auf Privatheit sprechen. Weil dieser Eingriff so beträchtlich
ist, verdient er aber eine offene Diskussion. Barack Obama sollte
sich an den Kandidaten erinnern, der einmal so eloquent für mehr
Transparenz geworben hatte.
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Andreas Kolesch
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