(ots) - Der Fall Alexej Nawalny ist spätestens jetzt in
aller Munde. Dafür hat nicht nur die russische Gerichtsbarkeit mit
dem Wirrwarr um Verurteilung, Haft und Freilassung gesorgt. Konnten
selbst Zeugen der Anklage dem vorgeblichen Veruntreuer so recht
keinen Schaden nachweisen, ist doch längst genug anderes Unheil
angerichtet. Nicht selten werden Probleme, die man am liebsten mit
allen Mitteln los würde, nach Art des Eigentors erst wirklich welche.
Wenn nun auch jene Russland scharf kritisieren, die es immer gern
tun, und mit sich selbst durchaus genug zu schaffen hätten, muss
trotzdem nicht alles in Ordnung sein. Denn nicht über einen kleinen
Holzdieb wurde nach allgemeinem Verständnis Gericht gehalten, sondern
über einen Oppositionellen. Nawalny schimpfte die Kremlpartei Gauner
und Diebe. Dagegen gesetzt wurde der Vorwurf der Unterschlagung als
ehrverletzende Mischung aus Raffgier und Heuchelei. Der griff nicht.
Zu viele Russen erinnerten sich: Was bei Boris Jelzin im Ausverkauf
der Sowjetunion verschleudert wurde, hatte ganz andere Dimensionen
und blieb in aller Regel ungestraft. Der Nachweis redlichen
Vermögenserwerbs wird gemeinhin erst gefordert, wenn dem Verdächtigen
der Zusatz Kreml- oder Putin-Kritiker beizufügen ist. Dass Nawalny
aussichtslos für das Moskauer Bürgermeisteramt kandidieren darf,
macht die Botschaft nicht demokratischer.
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