(ots) - Was in Ägypten in diesen Tagen passiert, könnte
einst als blutiges Ende des arabischen Frühlings in die
Geschichtsbücher eingehen, als Beginn des arabischen Herbstes. Nein,
es ist nicht nur eine weitere Krise auf dem langen, beschwerlichen
Weg zur Demokratie. Das Land schlittert in die Katastrophe. Die
Militärs, die den gewählten Präsidenten Mursi weggeputscht haben,
ließen die Chance auf einen wirklichen Ausgleich zwischen den
verfeindeten Gruppen verstreichen und gebärdeten sich genauso
kompromisslos wie die Muslimbrüder. Die nun folgenden Gewaltexzesse
waren absehbar. Und der Westen? Der reagiert ziemlich hilflos. Die
Aufrufe zur Deeskalation werden nicht gehört. Und bislang scheuen
sich die USA, die Regierung mit dem Einfrieren der Finanzhilfe
ernsthaft unter Druck zu setzen. Dabei ist - leider nur theoretisch -
ziemlich klar, wie sich der Konflikt lösen ließe: Militärs und
Islamisten rücken von ihren Maximalpositionen ab, und eine
Übergangsregierung bindet alle relevanten Kräfte ein. Doch das ist
Illusion. Die Scharfmacher auf beiden Seiten haben das Sagen, die
Gesellschaft ist zutiefst gespalten. Und so könnten die Aussichten
für die Zukunft düsterer kaum sein. Die Muslimbrüder werden ihren
Widerstand nicht aufgeben. Im Gegenteil: Sie werden die Revolte in
jeden Winkel des Landes tragen oder in den Untergrund gehen und sich
auf Terroranschläge verlegen. Das Militär, steht zu befürchten, wird
darauf mit weiter zunehmender Härte reagieren. Die Folgen sind
absehbar: Die Touristen bleiben fern, die Wirtschaft kollabiert, die
Armut wächst und damit die Wut der Ägypter. Was schließlich zu einer
weiteren Radikalisierung führt und einen verhängnisvollen Kreislauf
in Gang setzt. Der Sturz Mubaraks, der - vom Westen unterstützt - die
islamistische Opposition in Schach hielt und das Land mit harter Hand
führte, ließ Hoffnungen auf Demokratie und Wohlstand aufkommen. So
zynisch es klingen mag: Inzwischen werden sich viele Ägypter nach
seiner Herrschaft zurücksehnen. Und mancher im Westen klammheimlich
auch.
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