(ots) - Nach dem erneuten Pflegeskandal in der "Casa
Reha"-Einrichtung in Mainz-Finthen will der rheinland-pfälzische
Sozialminister Alexander Schweitzer Einblicke in die Bilanzen und die
Rechnungslegung von Pflegeheimbetreibern. Gegenüber dem
ARD-Politikmagazin "Report Mainz" sagte er wörtlich: "Wir werden
unser eigenes Landesgesetz an der Stelle novellieren, um noch stärker
in die Bilanzen und die Rechnungslegung eines solchen Unternehmens
einblicken zu können. Aber das kann man nicht nur auf Landesebene
organisieren, weil diese Ketten ja national organisiert sind und
mindestens deutschlandweit auftreten. Deshalb brauchen wir auch eine
bundesgesetzliche Initiative. Ich bin zurzeit dabei, eine solche zu
konzipieren, um stärkere Einblicke zu bekommen in die
wirtschaftlichen Verflechtungen im Hintergrund eines solchen
Unternehmens."
Ende Juli kam das zur "Casa Reha"-Gruppe gehörende Pflegeheim in
Mainz-Finthen zum wiederholten Male in die Schlagzeilen. Bei einer
Kontrolle fanden die Behörden 20 der ca. 180 Bewohner in einem
besorgniserregenden Zustand vor. Rund die Hälfte von ihnen seien
dehydriert gewesen, sagte Sozialminister Schweitzer im Interview mit
dem Politikmagazin. Der Chef der AOK Rheinland-Pfalz/Saarland Walter
Bockemühl erklärte gegenüber "Report Mainz": "Wir brauchen stärkere
Einwirkungsmöglichkeiten als Pflegekassen. Und wir müssten
eingebunden werden, zumindest informatorisch, in die
Entscheidungsprozesse solcher Häuser. Wir müssten wissen, wie sieht
es aus mit der Personalbesetzung, wir müssen wissen, wie sieht es aus
mit den Bilanzen, wir müssen auch letztendlich wissen, wie ist die
unternehmensrechtliche Konstruktion solcher Einrichtungen. Und dann
hätten wir auch tatsächlich die Möglichkeit solche Skandale besser
und mehr zu verhindern, als das eben jetzt der Fall ist."
Im rheinland-pfälzischen Sozialministerium fragt man sich jetzt
auch, ob die nach Behördenerkenntnissen bestehenden Missstände bei
"Casa Reha" Folge einer überhöhten Renditeerwartung von Investoren
sein könnten. Denn hinter "Casa Reha" steckt eine Investmentfirma als
Mehrheitsgesellschafter. Das Unternehmen betreibt 64 Häuser
bundesweit und will um 5-8 Einrichtungen jährlich wachsen. Der
Berliner Wirtschaftsrechtler Professor Hans-Peter Schwintowski von
der Humboldt-Universität zu Berlin hat im Auftrag von "Report Mainz"
die Bilanzen von "Casa Reha" analysiert. Wörtlich sagte er: "Auf der
einen Seite ist ein Investor, der hat eine hohe Rendite-Erwartung.
Und auf der anderen Seite macht der Casa Reha-Konzern in den letzten
Jahren jährlich hohe Verluste im zweistelligen Millionenbereich.
Beides zusammen muss irgendwo finanziert werden und das geht nur,
indem man entweder beim Personal spart oder bei den Pflegeleistungen
für die Menschen, die zu pflegen sind." Nach seinem Eindruck seien
"hier Pflegeskandale vorprogrammiert".
"Casa Reha" und der Investor sagen nichts zu den
Renditeerwartungen, betonen aber die angeblich hohe Pflegequalität in
den Einrichtungen der Unternehmensgruppe. 81 Prozent der Häuser
hätten "sehr gute", die anderen "gute" Pflegenoten erreicht. Obwohl
"Casa Reha" auch behauptet, im Pro Vita-Heim hätte ausreichend
Personal zur Versorgung der Senioren zur Verfügung gestanden, mussten
auf Druck der Behörden jetzt zwölf zusätzliche Fachkräfte eingesetzt
werden. Gegenüber "Report Mainz" bezweifelt das Unternehmen auch die
Prüfergebnisse der Behörden vom Juli. "Hinzugezogene Hausärzte"
hätten noch am Kontrolltag "eine gute pflegerische Versorgung ihrer
Patienten" attestiert. Dem widerspricht der rheinland-pfälzische
Sozialminister Alexander Schweitzer im Interview mit "Report Mainz"
eindeutig. "Diese Aussage hat mit der Realität, wie wir sie dort
vorgefunden haben, überhaupt nichts zu tun. Also man kann da wirklich
nur den Kopf schütteln. Wir sind ja deshalb mit Ärzten der Behörden
rein, weil die Hausärzte nicht erreichbar waren, in der Zeit und in
der Frist, die wir gesetzt haben."
Weitere Informationen www.swr.de/report. Zitate gegen
Quellenangabe "Report Mainz" frei. Fragen bitte an "Report Mainz",
Tel.: 06131/929-33351