(ots) - Hinter Protesten und Demonstrationen gegen
Asylbewerberheime steht vielfach die rechtsradikale NPD. Nach
Recherchen von "Report Mainz" hat die NPD in diesem Jahr bundesweit
47 Demonstrationen gegen Asylbewerber und deren Unterkünfte
organisiert oder war daran maßgeblich beteiligt. Insgesamt gab es
2013 67 solcher Aktionen gegen Flüchtlinge. Damit ist die NPD für
rund 70 Prozent solcher Veranstaltungen verantwortlich. Die anderen
gehen auf das Konto von "pro NRW", "pro Deutschland" und der neuen
Partei "Die Rechte". Dies ergab eine umfangreiche Auswertung von
Print und Fernsehseharchiven sowie Polizeimeldungen durch "Report
Mainz".
Im brandenburgischen Bestensee haben am vergangenen Freitag 200
angeblich besorgte Bürger gegen eine geplante Asylunterkunft in Pätz
demonstriert. Tatsächlich, so die Recherchen von "Report Mainz",
stand hinter dieser Veranstaltung die NPD. Zu aggressiven
Sprechchören mittels Mikrofon animierte immer wieder der
NPD-Landesvorsitzende von Berlin, Sebastian Schmidtke. Am Steuer des
Lautsprecherwagens saß der NPD-Funktionär und Lokalpolitiker Frank
Knuffke. Außerdem mit dabei - die NPD-Kreisvorsitzende Stella Hähnel
sowie Maria Fank, eine weitere Berliner NPD-Funktionärin. Und auch
das größte Transparent der Demonstration gehörte der rechtsextremen
Partei, allerdings war das NPD-Logo überklebt mit dem Porträt eines
Kindes. Auf diese Weise versucht die NPD, ihre tatsächliche
Urheberschaft für solche Aktionen zu verschleiern.
Rechtsextremismus-Forscher, Prof. Hajo Funke, äußert sich
angesichts der hohen Zahl von solchen Demonstrationen beunruhigt:
"Das erinnert mich an die Situation in den frühen neunziger Jahren,
wo es auch so anfing und die Rechtsextremen es geschafft haben, die
Stimmung in der Bevölkerung zu radikalisieren, auch zu Gewaltakten.
Und dies wird gerade in diesen Wochen und Monaten vorbereitet und
schon durchgeführt."
In den vergangenen sechs Wochen kam es zu diversen Angriffen und
Brandanschlägen auf Asylunterkünfte in Mecklenburg-Vorpommern
(Güstrow), Brandenburg (Premnitz), Niedersachsen (Oldenburg), NRW
(Essen), Baden-Württemberg (Wehr) und Bayern (Gemünden). Insgesamt
hat die "Report Mainz"-Auswertung von Archiven und Polizeimeldungen
alleine in diesem Jahr 21 gewalttätige Übergriffe auf Asylsuchende
und deren Unterkünfte registriert. Dreimal so viel wie im ganzen
vergangenen Jahr: 2012 gab es sieben Vorfälle.
Prof. Hajo Funke sieht darin ein Warnsignal: "Dieser Anstieg
zeigt, dass die Bundesrepublik in eine Schieflage gerät, was den
Umgang mit Asylflüchtlingen anlangt. Und es ist dringend politische
Abwehr geboten, sonst läuft das aus dem Ruder. Diese Gefahr sollte
man jetzt angehen - präventiv. Noch ist Zeit."
Der NPD-Landesvorsitzende von Thüringen und
Bundesvorstandsmitglied, Patrick Wieschke, ruft im Interview mit
Report Mainz zu Demonstrationen vor Asylunterkünften auf und
bezeichnet die NPD als "politische Nutznießer" der aktuellen
Entwicklung der steigenden Flüchtlingszahlen.
Der NPD-Landtagsabgeordnete von Mecklenburg-Vorpommern, Michael
Andrejewski, hat Ende August einen sogenannten "Leitfaden zum Umgang
mit Asylanten in der Nachbarschaft" formuliert. Darin empfiehlt er
Deutschen, "nie ohne Zeugen mit Asylanten sprechen", meint außerdem,
"Bekanntschaften schließen lohnt sich nicht", und lehnt Hilfe für
Flüchtlinge energisch ab: "Bloß keine Geschenke machen". Wörtlich
heißt es in dem Flugblatt: "Was hierher kommt, war in aller Regel zu
Hause Oberschicht, die hier auf der Jagd nach noch mehr Wohlstand
ist." Diesen Leitfaden kommentiert er vor der Kamera mit den Worten:
"Ja, jedes Volk muss sehen, wo es bleibt."
Andrejewski war nach eigenen Angaben ein Augenzeuge des Pogroms
gegen ein Asylbewerberheim in Rostock-Lichtenhagen (1992). Nur durch
Zufall kam damals von den Flüchtlingen niemand zu Tode. Andrejewski
hatte damals vor den gewalttätigen Ausschreitungen die Stimmung
angeheizt mit einem Flugblatt in 100.000er Auflage. Darin hieß es
damals: "Widerstand gegen die Ausländerflut" und "Rostock bleibt
deutsch". Der NPD-Abgeordnete hält das Flugblatt bis heute für
"richtig" und "sachlich unbedenklich". Jetzt ruft Andrejewski im
Interview erneut zu Demonstrationen vor Asylbewerberheimen auf.
Weitere Informationen unter www.swr.de/report. Zitate gegen
Quellenangabe "Report Mainz" frei. Fragen bitte an "Report Mainz",
Tel. 06131/929-33351.