(ots) - Lange hat man in Berlin auf ein sichtbares Zeichen
der Reue gewartet. Schließlich hat der US-Geheimdienst NSA nicht nur
jede Menge Daten aus Deutschland ausgespäht, sondern obendrein
jahrelang das Handy der Kanzlerin angezapft. Ein beispielloser
Skandal in den deutsch-amerikanischen Beziehungen der Nachkriegszeit.
Gestern, fast ein halbes Jahr nach den ersten Enthüllungen des
Ex-Agenten Edward Snowden über das wahre Ausmaß des US-Spähprogramms,
war es nun so weit: Die USA zeigten tatsächlich Reue. Oder besser:
Sie ließen sie zeigen. Und zwar in einer Art und Weise, die an
Dreistigkeit kaum zu überbieten ist. US-Präsident Barack Obama hätte
wenigstens Außenminister John Kerry schicken können, um endlich
Verantwortung für die längst offenkundigen Verfehlungen zu
übernehmen. Stattdessen kamen gestern zwei andere Gesandte in Berlin
an: der eher unbekannte US-Senator Chris Murphy, eigentlich Experte
für Familien- und Gesundheitspolitik, und der noch unbekanntere
Kongressabgeordnete Gregory Meeks - beide Mitglieder der
Demokratischen Partei, der auch Obama angehört. Ernst zu nehmende
Unterhändler für das geplante Geheimdienstabkommen zwischen
Deutschland und den USA sind die beiden Hinterbänkler freilich nicht.
Und so überbrachten die verdrucksten Besucher am Ende lediglich
einige verschwurbelte Worte des Bedauerns. Eine Entschuldigung blieb
aus. Trotz dieser dünnen Botschaft hatte Senator Murphy eigens um
einen Termin bei der Kanzlerin gebeten. Die allerdings ließ ihn zu
Recht abblitzen. Mit Innenminister Hans-Peter Friedrich und
Außenminister Guido Westerwelle kümmerten sich dann aber doch zwei
hochrangige Regierungsvertreter um den Besuch. Am Ende wurden die
Minister zu Statisten einer bizarren Showveranstaltung, die dem Ernst
des Themas nicht einmal im Ansatz gerecht wurde. Mit einer solch
wertlosen Geste darf sich die Bundesregierung nicht abspeisen lassen.
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