(ots) - Es ist unwürdig genug, dass Deutschland sich eine
eigene Version seines seit 1945 tödlichsten Angriffes zurechtlegt und
die von der NATO ermittelte Opferzahl nicht akzeptiert. Noch
unwürdiger ist der nun beendete Bonner Zivilprozess um das Massaker
verlaufen: Erst ließ sich das Gericht Beweise vorlegen, aus denen
massive Zweifel selbst der kriegserprobten US-Piloten, die die Bomben
dann warfen, klar hervorgingen. Doch dann wollte es den
Bombardierungsbefehl des deutschen Obristen nicht einmal für
fahrlässig halten. Dabei wäre dies ein Ausweg gewesen: Man hätte den
Opfern ein Stück weit gerecht werden können, ohne den Befehlshaber
eines Kriegsverbrechens schuldig zu sprechen. Die Kläger hatten
Bereitschaft zum Vergleich gezeigt. Aber selbst ein »salomonisches«
Urteil ging offenbar zu weit. Was zählen schon die Leben von 140
Afghanen angesichts der Lizenz zum weltweiten Töten, die sich die
neuen deutschen Krieger und ihre Auftraggeber wieder anmaßen? Um
nichts anderes ging es in diesem Verfahren als um den alten Gegensatz
von Recht und Staatsräson. Wer geglaubt hatte, in einem Land zu
leben, in dem das Erste regiere, ist nunmehr auf dem Boden der
Tatsachen zurück: Krieg bleibt Krieg. Wo die Waffen sprechen,
schweigt das Recht. Insofern ist es nur allzu folgerichtig, dass sich
der Richter auch noch auf Distomo bezog - eines der grausigsten
ungesühnten deutschen Verbrechen des Zweiten Weltkriegs.
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