(ots) - Die Deutsche AIDS-Hilfe (DAH) begrüßt das Urteil
des Bundesarbeitsgerichts in Erfurt im Fall Sebastian F. (Name
geändert). Danach ist die Kündigung eines Arbeitnehmers in der
Probezeit wegen seiner HIV-Infektion im Regelfall diskriminierend und
damit unwirksam, wenn der Arbeitgeber durch angemessene Vorkehrungen
den Einsatz des Arbeitnehmers trotz seiner Behinderung ermöglichen
kann.
"Das ist ein guter Tag für die Rechte aller, die mit einer
chronischen Erkrankung leben, und ein guter Tag für Menschen, die
ihre Interessen in die eigenen Hände nehmen", sagt
DAH-Vorstandsmitglied Carsten Schatz. "Das Bundesarbeitsgericht hat
klargestellt: Auch eine symptomlose HIV-Infektion gilt als
Behinderung im Sinne des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes - das
hätte das Landesarbeitsgericht Berlin in der zweiten Instanz
berücksichtigen müssen", so Schatz weiter.
"Das jahrelange Verfahren war vermeidbar. Die Rechtsunsicherheit
aufgrund der mangelhaften Umsetzung der EU-Richtlinie zur
Antidiskriminierung und der UN-Behindertenrechtskonvention durch die
Große Koalition der Jahre 2005 bis 2009 wurde heute beendet. Umso
wichtiger ist es, jetzt die Änderung des AGG auf die politische
Agenda zu setzen."
Sebastian F. war bei einer pharmazeutischen Firma in der
Qualitätsprüfung für Medikamente tätig. Als bei einer
betriebsärztlichen Untersuchung in der Probezeit ein HIV-Test
verlangt wurde, teilte er von sich aus mit, dass er HIV-positiv sei.
Kurz darauf erhielt er die fristlose Kündigung und ein Hausverbot.
Der Arbeitgeber sah durch die Infektion die Gesundheit seiner Kunden
gefährdet, was die Deutsche AIDS-Hilfe für ausgeschlossen hält.
Gegen die Kündigung reichte Sebastian F. Klage nach dem
Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) beim Arbeitsgericht Berlin
ein. Das AGG schützt unter anderem vor Diskriminierung aufgrund der
ethnischen Zugehörigkeit, des Geschlechts, der sexuellen Orientierung
oder einer Behinderung und gilt auch während der Probezeit. Unklar
war jedoch bislang, ob eine chronische Krankheit wie zum Beispiel
eine HIV-Infektion in den Schutzbereich der Behinderung fällt.
Weil sowohl das Arbeitsgericht als auch das Landesarbeitsgericht
die Klage abwiesen, ging Sebastian F. vor das Bundesarbeitsgericht
und wurde dabei unter anderem von der Deutschen AIDS-Hilfe und dem
Büro zur Umsetzung von Gleichbehandlung e.V. unterstützt.
Die Deutsche AIDS-Hilfe fordert, das AGG müsse auch Menschen mit
chronischen Krankheiten vor Diskriminierung schützen. Diese Haltung
haben auch die Leiterin der Antidiskriminierungsstelle des Bundes und
der Beauftragte der Bundesregierung für die Belange behinderter
Menschen vertreten.
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Silke Klumb, Geschäftsführerin der Deutschen AIDS-Hilfe e.V.
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